Langes Wochenende in Kiew, Juni 2015
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Aus leider gegebenem Anlass ein genereller Hinweis:

Ja, das hier ist extrem subjektive, freie und teils sicher sehr eigenwillige Meinungsäußerung. Diese folgt nicht den Regeln eines kommerziell ausgerichteten, weichgespült-schleimig-beliebigen Möchtegern-Reise- bzw. Szene- bzw. selbsternannten Lifestyleblogs auf der Jagd nach Supportern, Financiers, Werbekunden, Likes, Verlinkungen, Networking, Affiliates und so weiter. Kurz: ich verfolge keinerlei finanzielle Absichten, bekomme keinen Cent für das was ich hier für mich selbst, mein Umfeld und interessierte Leser mache.
Das ist hier ist darüber hinaus kein Reiseführer und keine Reportage, nichts was irgendwelchen journalistischen Grundsätzen und Regeln entsprechen soll. Kurz auch mal was zum sprachlichen Stil: ich bemühe mich, möglichst nah am gesprochenen Wort zu bleiben und bediene mich gern der teils vielleicht derben, vermeintlich ungehobelten Umgangssprache (Irrglaube bzw. Fehleinschätzung). Ist in meinem Fall authentischer als ständig gekünzelten elaborierten Code posermäßig und häufig stümperhaft gewollt und doch ungekonnt zur Schau zu stellen und damit (mitunter Pseudo- ) Eloquenz, Bildung und Kompetenz auf Krampf zu vermitteln.
Keep it real!
Denn das hier ist ein Oldschool-Angebot, stammt vom Style her aus einer längst zurückliegenden Zeit und ist, wie andere dinosaurierartige Internet-Wegbegleiter die es schon niedergestreckt hat, vom Aussterben bedroht. Von mir aus auch für den Mainstream "zu Recht". Zum Teil ist es diese nun schon seit 2004 am Start befindliche Interseitseite (mit unterschiedlichen Domainendungen freilich) ja schon, also ausgestorben, meine ich. Schließlich sind große Teile der Präsenz überwiegend offline - warum eigentlich? Nun, abgesehen von massiven, nervenraubenden und übelst denunzierenden Anfeindungen musste ich schon viel Geld, Arbeit und natürlich Zeit aufbringen. Wofür ich das alles dann überhaupt noch mache? Für Abmahnungen und Beleidigungen? Nein, fürs Hobby, für Freunde und Bekannte, für Familie - für mich selbst.

Ach eins noch: wenn Du alles kacke findest, zwingt dich keiner, dir den Mist reinzuziehen. Nun aber viel Spaß und angenehme Unterhaltung. Schön, dass Du da bist.

Tag1, Freitag

Bock auf Kiew habe ich schon seit vielen Jahren. Nun ist die Ukraine keine Unbekannte für mich (Uzhgorod, Lviv, Odessa... ) aber die Hauptstadt fehlt halt noch. Da passt es wie Arsch auf Eimer, dass Wizzair ausnahmsweise mal (auf dieser Route sind die Preise meist recht hoch) Schnapp-Zu-Preise für ein verlängertes WE ab Lübeck Blankensee raushaut und ich sofort zuschlage bzw. meinen berühmt-berüchtigten Buchungsfinder zucken lasse. Auch die Folgekosten sind nicht zuletzt des massiven Wertverlusts der ukrainischen Währung wegen mehr als moderat und so gelingt es mir, die Kiew-Aktion für alles zusammen (Bahntickets, Flüge, Hotel und Ausgaben vor Ort) knapp 250,-€ durchzuführen, was ich an dieser Stelle ruhigen Gewissens vorwegnehme.

Anderthalb Monate nach Buchen der Flüge ist es soweit, die Deutsche Bahn bringt mich via Lüneburg zum Lübecker Flughafen, benannt nach dem nahegelegenen Kaff Blankensee.

Während der halben Wartestunde entdecke ich ganz in der Nähe des Lüneburger Hauptbahnhofs diese Fratze, die das absolute Gegenteil zu meinem von Vorfreude erhellten Gesichtsausdruck darstellt...
Während der halben Wartestunde entdecke ich ganz in der Nähe des Lüneburger Hauptbahnhofs diese gekonnt an die Mauer gebrachte Fratze, die das absolute Gegenteil zu meinem von Vorfreude erhellten Gesichtsausdruck darstellt...

Weiter geht es mit dem Zug mit dem Endziel Kiel. Ach ja, Kiel... . Ich steige eine Station vor dem Lübecker Hbf aus, wie heißt die wohl? Richtig, Lübeck Flughafen. Und dieser Bahnhaltepunkt gefällt mir auf Anhieb. Eingleisige Strecke, PSF der Klasse 2-3, einige Kirchtürme der sehenswerten Hansestadt Lübeck am Horizont und ein gläsernes, vor Wind und Wetter schützendes Wartekabuff. Habe schon an mieseren Orten geasselt.

Bahn-Haltestelle Lübeck (Blankensee) Flughafen
Bahn-Haltestelle Lübeck (Blankensee) Flughafen

Aufgrund negativer Erfahrungen bezüglich der Pünktlich- und/oder Zuverlässigkeit der Deutschen Bahn habe ich vorsichtshalber einen großzügigen Puffer eingebaut. Bin also zu früh hier. Stört mich nicht, denn so kann ich eine Runde entschleunigen und Seiten füllen.

Wartekabuff am "Bahnhof" Lübeck, Flughafen Blankensee
Wartekabuff am "Bahnhof" Lübeck, Flughafen Blankensee

Des angenehmen Ambientes wegen vergeht die gute Asselstunde ratz-fatz. Zehn Gehminuten nach Aufbruch vom "Bahnhof" Lübeck Flughafen ereiche ich das Terminal.

Blick vom Bahn-Haltepunkt Lübeck Flughafen auf das Terminal
Blick vom Bahn-Haltepunkt Lübeck Flughafen auf das Terminal
Lübeck Flughafen, Blick auf das Terminal
Lübeck Flughafen, Blick auf das Terminal

Der Airport Lübecks ist einer der krassesten jemals von mir besuchten und zeichnet sich in erster Linie durch seine Kompaktheit aus. Hier sind die Wege kurz. Die Atmosphäre ist seltsam, hat etwas von einer schnell mal notdürftig zusammengeschusterten Bretterbude.

Hinter der SiKo, Flughafen Lübeck Blankensee
Hinter der SiKo, Flughafen Lübeck Blankensee

Schnell aufs Klo, die 0,5L-Plasteflasche auffüllen. Will über den Wolken der Dehydration vorbeugen. Moment mal, ehe ich falsch verstanden werde: ich fülle die Pulle natürlich am Wasserhahn auf, logo. Zack, schon startet das Boarding.

Eine hohe Kapazitätsauslastung ahnte ich bereits und habe deshalb gegen ein geringes aber dennoch nerviges Entgelt einen Fensterplatz zugebucht. So kann ich zwei Stunden knacken und brauche erst wieder komplett in die Wirklichkeit zurückkehren, als sich der Vogel schon im Landeanflug auf Zhulhany befindet. Wizzair dreht eine schöne Runde und ich erhasche erste Blicke aus der Vogelperspektive auf Kiew.

Blick aus der Vogelperspektive auf Kiew
Blick aus der Vogelperspektive auf Kiew

Kiew hat zwei große Verkehrsflughäfen, Zhulhany (w; map) und Borispil (w; map). Borispil liegt weiter weg vom Zentrum östlich des Dneprs (w), wäre für meine Belange aber dennoch besser gewesen als der zentrale Airport Zhulhany. Warum? Weil meine Unterkunft, das *** Hotel mit dem ehrwürdigen Namen Bratislava ebenfalls im Osten der Stadt, im Vorort Darnytsia zu finden ist. Egal, so dauert der Transfer halt etwas länger und ist auch ein klein wenig komplizierter, wenn man so wie ich auf die Dienste der Taxifahrer verzichten und statt dessen die eigenen Füße, Busse und U-Bahnen nutzen will.

Als erstes brauche ich Kohle und tausche bei einer Bank 90,-€ in Griwnen. Der Kurs liegt aktuell bei 1,- € zu 22,5 UAH den Dreh. Ich bleibe drei Nächte und werde kurz vor dem Rückflug am gleichen Schalter (nur möglich gegen Vorlage des unterschriebenen und gestempelten Wechselbelegs). Sollte reichen für drei Tage. Die Preise haben seit dem Wertverlust der Landeswährung zwar massiv angezogen, sind nach deutschem Maßstab jedoch noch immer sehr moderat.

Ich verlasse das Terminal, ignoriere die erfreulich unaufdringlichen, natürlich dennoch auf mich einquatschenden Taxifahrer und sehe eine Bushaltestelle. Kaum nehme ich die Neue Hüpferlitasche von den Schultern, kommt ein Bus der Linie 22. Bingo, genau auf die habe ich gewartet. Rein da. Ich brauche einen Fahrschein, will zum Buslenker dackeln und werde von der Schaffnerin abgefangen. Drei Griwnen sind fällig, für mich natürlich ein extrem fairer Deal, bei dem es kaum schmerzt, dass das Black-Ticket hier nicht nutzbar ist. Ab geht der langsame Ritt Richtung Metrostation. Derzeit ist übrigens ein Anschluss des Flughafens Zhulhany an das Metronetz geplant. Solche Airports liebe ich.

Alltägliches Verkehrschaos in Kiew
Alltägliches Verkehrschaos in Kiew

Wenige hundert Meter vor der Metrostation Shuliavska steige ich aus und besorge mir Jetons. Aktuell kostet einer 4,- UAH. Ich nehme gleich zehn Stück (ein einziger wird übrigens am Ende übrigbleiben und fortan sein Dasein als Souvenir in einer Kommodenschublade fristen).

Wenige hundert Meter vor der Metrostation Shuliavska
Wenige hundert Meter vor der Metrostation Shuliavska

Die Kiewer Metro (w) zu nutzen ist ein Kinderspiel. Jetons am Automaten oder am Schalter besorgen und pro Ritt (man darf solange wie man will fahren und umsteigen wie oft man möchte) einen beim Passieren der Barrieren in einen Schlitz am Eingang werfen. Sonst gibt es nichts zu beachten. Die Taktung ist dicht, die Wagen sind schnell und zuverlässig. So macht der ÖPNV Spaß. Für mich geht es jetzt direkt, ohne Umstieg, von Shuliavska nach Darnytsia.


(Quelle: Wikipedia. Dieses Werk wurde von seinem Urheber Sameboat als gemeinfrei veröffentlicht. Dies gilt weltweit.)
Metrostation Shuliavska
Metrostation Shuliavska
Metrostation Shuliavska, ganz rechts und gelb unterlegt die Station an der ich gerade stehe (Shuliavska)
Metrostation Shuliavska, ganz rechts und gelb unterlegt die Station an der ich gerade stehe (Shuliavska)

In Darnytsia angekommen fällt es mir nicht schwer, den Weg ins Hotel Bratislava zu finden. Sofort nach dem Ausstieg aus der Metro lacht mich der Kommu-Prachtbau an.

Kiew-Darnytsia, Hotel Bratislava
Kiew-Darnytsia, Hotel Bratislava

An der Rezeption geht alles glatt und ich betrete das gebuchte Studio für das insgesamt 84,-€ zu berappen sind. Inklusive Frühstück und Wlan. Der Eindruck ist auf Anhieb gut. Schön großer Raum, Vollbad, cooler Blick aus dem Fenster, Kühlschrank und Flatscreen. Flatscreen? TV-Sender-Check. Ergebnis: mies. Kein einziger deutschrachiger Sender. Also schnell den Wlan-Check hinterher. Ergebnis: gut. Passt also.

Kiew-Darnytsia, Hotel Bratislava: Badezimmer
Kiew-Darnytsia, Hotel Bratislava: Badezimmer

Kiew-Darnytsia, Hotel Bratislava: erstmal kurz die Füße hoch legen und TV- wie Wificheck durchführen
Kiew-Darnytsia, Hotel Bratislava: Blick aus dem Fenster der mir zugewiesenen Bude des Typs "Studio"
Kiew-Darnytsia, Hotel Bratislava: Blick aus dem Fenster der mir zugewiesenen Bude des Typs "Studio"
Kiew-Darnytsia, Hotel Bratislava: Blick aus dem Fenster der mir zugewiesenen Kiew-Darnytsia, Hotel Bratislava: Blick aus dem Fenster der mir zugewiesenen Bude des Typs "Studio" auf eines des Nahversorgungszentren der recht großen Platte
Kiew-Darnytsia, Hotel Bratislava: Blick aus dem Fenster der mir zugewiesenen Bude des Typs "Studio" auf eines des Nahversorgungszentren der recht großen Platte

Nachdem ich kurz verschnauft habe ziehe ich auch schon wieder los. Erste Anlaufstation: der Billa-Ableger gleich um die Ecke, bei dem ich mich mit leckerem Abendproviant großzügig eindecke. Auch hier gilt die in östlichen Gefilden verbreitete Regel, dass Essen von der Frischetheke meist wesentlich günstiger als eingeschweißte Regalware ist. Weshalb auch immer. Das Preisniveau insgesamt ist fair, klar, aber keineswegs so dass ich einfach alles in den Korb legen könnte. Besonders die Preise der importierten Artikel (leider viel zu viele) haben sich natürlich mit dem Wertverfall der Griwna vervielfacht. Mit gut gefüllter Neuer Hüpferlitasche gönne ich mir nun mein entspannendes Wohlfühlprogramm und gehe in den Siegespark von Darnytsia, in dem gut was los ist und der mir auf den ersten Blick gefällt.

Siegespark, Darnytsia
Siegespark, Darnytsia
Siegespark, Darnytsia
Siegespark, Darnytsia
Denkmal im Siegespark, Darnytsia
Denkmal im Siegespark, Darnytsia

Die Stimmung bzw. Atmosphäre im Siegespark ist genau so, wie ich sie mir erhofft habe. Ausgelassen, idyllisch, friedlich, authentisch, bescheiden und harmonisch. Ich fühle mich auf Anhieb pudelwohl und lasse mich treiben. Ab und zu pflanze ich mich kurz und beäuge die Leute um mich herum. Eine Asselei im Park scheidet jedoch des PSFs wegen aus.

Unterwegs im Siegespark am östlichen Stadtrand von Kiew
Unterwegs im Siegespark am östlichen Stadtrand von Kiew

Unterwegs im Siegespark am östlichen Stadtrand von Kiew


Auf ein Ruderboot hätte ich Bock, aber nicht unbegleitet...
Einfach nur wunderschön, hier in Darnytsia am östlichen Stadtrand von Kiew
Einfach nur wunderschön, hier in Darnytsia am östlichen Stadtrand von Kiew
Einfach nur wunderschön, hier in Darnytsia am östlichen Stadtrand von Kiew; man beachte die farbliche Gestaltung der Brücke
Einfach nur wunderschön, hier in Darnytsia am östlichen Stadtrand von Kiew; man beachte die farbliche Gestaltung der Brücke

Frei Schnauze navigiere ich mich aus dem Park heraus Richtung Hotel Bratislava (b). Dabei lande ich in einem weiteren Versorgungszentrum mit Bank, Post, Apotheke, Supermarkt, Restaurant, Kneipe, Eulenkneipe, Schulen und Sportplatz. Sportplatz?

Wow, einfach der absolute Style-Knaller! Ich liebe diese typisch ostigen Wandbilder!
Wow, einfach der absolute Style-Knaller! Ich liebe diese typisch ostigen Wandbilder!
Darnytsia at it´s best!
Darnytsia at it´s best!

Am Sportplatz finde ich einen Top-Asselplatz. Mit ein-zwei Supermarkt-Obolons haue ich mich hin, zücke das Vilnius-Tb (auf Anfrage sende ich dir gern den Link zum zum Einkauf eben jenes zugehörigen Bericht), fülle Seiten, zähle die Runden der mich alle fünf Minuten passierenden nett anzusehenden Joggerin (sollte anstatt herumzusitzen besser mitlaufen... ) und genieße den rundum fetten Style.

Sportplatz am Kiewer Stadtrand (Darnytsia)
Sportplatz am Kiewer Stadtrand (Darnytsia)

Für Leute, die noch nicht so richtig in Osteuropa unterwegs waren und irgendwie sicherheitsspezifische Bedenken haben der ehrliche Hinweis darauf, dass es hier extrem sicher ist. Hier in der Vorstadt-Platte. Fühle mich wie in Abrahams Schoß, ganz besonders in Plattengebieten wie diese. Abziehereien und Eigentumsdelikte finden dann doch, wenn überhaupt, eher in der unmittelbaren Nähe von allgemein als solche titulierten Sehenswürdigkeiten statt. Eben diese Sehenswürdigkeiten, von denen Kiew einige parat hat, will ich mir morgen reinziehen. Und deshalb heute zeitig ins Dreamland reisen. Also mache ich eine knappe Stunde später die Flatter gen Hotelbude.

Sensationell Stylisher Spielplatz, Darnytsia (Kiew)
Liebreizender Spielplatz, Darnytsia (Kiew)

Plötzlich lacht mich eine Eulenkneipe an. Reingucken kann ich leider nicht (mieses Zeichen) aber die herausschallenden Stimmen klingen nicht besonders verlockend. Ich habe aus der Odrlice-Nummer gelernt und verzichte auf einen Besuch. Statt dessen ziehe ich mir bei einer der vielen Buden im Siegespark ein Fassbier, leider serviert im dünnwändigen Labber-Plastik-Becher, und pflanze mich vors Riesenrad im Siegespark.

Riesenrad im Siegespark, Darnytsia
Riesenrad im Siegespark, Darnytsia

Zurück in der Butze haue ich mich erst in die Wanne und dann mit dem Laptop auf dem Schoß in die Koje. Studiere nochmals den Stadtplan und plane die Route für die große morgige Sightseeingtour und reise früh ins Dreamland.

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