Estland - Kurztrip: Tallinn und Grenzerfahrungen in den wunderschönen Städten Narva und Iwangorod, Juli - August 2012
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Tag1: Narva/Iwangorod

Zum ersten Mal seit langer Zeit, seit fast genau einem Jahr nämlich, lockt mich Rainer zu seiner Basis in Bremen. Der Wecker klingelt mich um 3 Uhr unbarmherzig wach und um 3:40h bewege ich mich bereits im Schneckentempo Richtung Bremer Flughafen. Der Wagen ist kostenneutral geparkt und ich latsche auf altbekannten Pfaden los zur abseits des Hauptterminals gelegenen Ryanair-Hütte. Gleich drei Flieger (Malaga, Riga und Tallinn) verlassen innerhalb einer Viertelstunde den Bremer Airport und so ist die Bude voll. Zum Glück sind alle drei Sicherheits-Schleusen geöffnet. Das habe ich in der Vergangenheit leider öfters schon ganz anders erlebt. Heute befindet sich das Ende der Warteschlange am Taxistand, letztes mal fand sich dieses im Hauptterminal (!).

Die reaktivierte, schon tot geglaubte altehrwürdige Hüpferlitasche darf mit mir zusammen den ersten Rainer-Check passieren, denn sie passt exakt in die Handgepäcksschablone und wiegt weniger als 10Kg. Immer wieder traurig, unvorbereitete auf Kulanz der Airline hoffende Passagiere panisch ihr Gepäck optimieren zu sehen. Einige beißen auch heute zähneknirschend und fluchend in den sauren Apfel der mit Extrakosten verbundenen Gepäckaufgabe. Auch die Leute, die noch nichts von den Flüssigkeitsregelungen fürs Handgepäck gehört zu haben scheinen, sind wieder am Start und müssen zusehen, wie Drogerieprodukte jenseits der 100ml-Marke in der prall gefüllten Tonne landen. Zu guter letzt dürfen die Warteesel natürlich nicht fehlen. Diese stehen sich die Füße platt, und zwar lange bevor das Boarding startet.

Pünktlich hebt die Boeing ab, überpünktlich landet sie am Tallinner Flughafen.

Ankunftsbereich bzw. Bushaltestelle der Linie 2 ins Zentrum am Tallinner Flughafen
Ankunftsbereich bzw. Bushaltestelle der Linie 2 ins Zentrum am Tallinner Flughafen

Alles wie gehabt. Ich nutze das überall im Terminal in allen Bereichen kosten- und anmeldefrei nutzbare Wifi und sende erste Grüße nach Hause. Am Kiosk besorge ich mir ein 72h-Ticket für die Talliner Öffis und zahle überaus faire 6,- Tacken dafür. Zukünftig wird das Angebot des öffentlichen Nahverkehrs in Tallin übrigens noch fairer: ab 2013 wird die Nutzung der (Trolley-) Busse und Straßenbahnen komplett gratis sein.

Mich zieht es zum Busbahnhof der estnischen Hauptstadt, dem Bussijaam. Unterwegs besorge ich mir Fressalien und freue mich über die Lebensmittelpreise, die irgendwo zwischen denen in Deutschland und jenen in der Slowakei liegen.

Busbahnhof (Bussijaam) in Tallinn
Busbahnhof (Bussijaam) in Tallinn

Um 11.35h fährt er los, der gelbe Scania Reisebus aus dem Stall von Simple Express. Läppische 3,-€ hat mich das Ticket bis ins rund 220 Km entfernte, tief im Osten des Baltikums liegende Narva (DW-Video) gekostet.

Um 14h steige ich dort aus und bin sofort begeistert. Überall wissen bronxige Bauten im Sovjetstil zu begeistern und buhlen um meine Aufmerksamkeit. Diese widme ich als erstes dem Bahnhofsgebäude. Ab und zu verkehren tatsächlich Personenzüge, überwiegend werden jedoch Güter transportiert. Generell sind Busse in Estland wesentlich präsenter und wohl auch beliebter als Züge, was ich absolut nicht nachvollziehen kann. Insgesamt ist hier total tote Hose, der oft zitierte Dornenbusch würde über die staubigen tausendmal geflickten Straßen und den durchaus liebevoll gestalteten und sauberen Bahnhofsvorplatz jedenfalls in aller Ruhe wehen können. In einem Blechcontainer befindet sich der Ticketverkauf für die vielen Busse. Dort sicher ich mir schon mal eins für den Transfer zurück nach Tallinn. Morgen um 9h in der Früh werde ich also für 12,-€ in die estnische Kapitale chauffiert werden. Der Weg zum Fahrschein ist mühsam und dauert. Fremdsprachliche Kenntnisse sind hier nicht vorhanden, mit Händen und Füßen klappt es dann aber doch. Zwischenzeitlich hatte die genervte und verzweifelte Aggro-Verkäuferin in die Runde der Anstehenden gefragt, ob einer mein estnisch versteht. Muss ein seltsames, seltenes estnisch sein was ich spreche. Estnisch kann ich also auch, cool. Ich nehme an dieser Stelle gern vorweg, dass ich während des gesamten Aufenthalts in Narva nirgendwo estnisch gehört habe. Die Stadt ist meinem Empfinden nach so russisch wie das Gegenstück am östlichen Narvaufer, soviel ist mal klar.

Bahnhofsvorplatz Narva
Bahnhofsvorplatz Narva

Bahnhofsgebäude Narva, estnisch - russischer Grenzbahnhof
Bahnhofsgebäude Narva, estnisch - russischer Grenzbahnhof

Das Bahnhofsgebäude ist geöffnet und macht nicht nur von außen, sondern auch von innen einen blendenden Eindruck.

Grenzkontrolle am estnisch - russischen Grenzbahnhof in Narva
Grenzkontrolle am estnisch - russischen Grenzbahnhof in Narva
Viele Personenzüge verkehren hier nicht...
Viele Personenzüge verkehren hier nicht...
Fahrkartenschalter im estnisch - russischen Grenzbahnhof in Narva
Fahrkartenschalter im estnisch - russischen Grenzbahnhof in Narva

Vom Bahnhof, an dem auch der ZOB ist, latsche ich mit der geschulterten Hüpferlitasche zur Unterkunft meines Vertrauens.

Diese nennt sich Hotel King. Ziemlich mutige, extrem selbstbewusste Namenswahl, wie ich meine.

Hotel King, Narva - Estland (gefühlt: Russland)
Hotel King, Narva - Estland (gefühlt: Russland)

Ich latsche hinein in die gute Stube des rustikal eingerichteten Restaurants von Narvaer King und stehe wenig später mit meinen Geldkarten wedelnd vor der freundlichen, aber überforderten Rezeptionistin. Unangenehm finde ich, dass die Butze beim Check In und nicht beim Check Out bezahlt werden muss. So etwas hatte ich letztmals im Februar 2009 in Bergamo. Noch unangenehmer ist es für alle beteiligten Personen, dass das Lesegerät ein derbes Prob mit meinen Karten hat und keine von ihnen akzeptiert. Letzten Endes verdaddel ich eine Stunde meiner kostbaren Zeit, ehe ich nach zwischendurch von Hannover aus erledigter Blitzüberweisung aufs Konto des Königs von Narva endlich das winzige EZ beziehen darf. Die Hüpferlitasche ist fix optimiert und so ziehe ich, mit tausenden mich antreibenden Hummeln im Dupa und voller Vorfreude auf fette atmosphärisch dichte Ost-Styles los.

Mit Hilfe des online verfügbaren, ausgedruckten und ausnahmsweise mal nicht zuhause auf dem Küchentisch vergessenen Touri-Stadtplans (gibt es tatsächlich, und zwar hier) habe ich eine Route ausbaldowert, die mich restlos verzücken wird. Als erstes muss ich prüfen, ob meine Plastik-Karten tatsächlich nicht funktionieren und latsche zum Einkaufszentrum, in dem außerdem ein großer Ableger der Supermarktkette Rimi vorhanden ist. Besorge mir optisch ansprechend eingefärbte und formierte Fischabfälle aka Surimisticks (200g um 0,98€ - da können doch nur allerbeste Zutaten verarbeitet worden sein, gell?), die leckeren mehrfach getesteten in Tomatensauce eingelegten frischen Heringsfilets aus Litauen, Brot und was zu trinken. Saku Originaal ist da der Favorit.

Der Bankomat-Test verläuft zu meiner vollsten Zufriedenheit. Er spuckt 100,-Tacken aus und ich weiß, dass ich fortan keinerlei finanzielle Probs mehr im Laufe dieses schon jetzt geilen Trips mehr haben werde.

Nun beginnt er, der Spaziergang durch Narva. Besonders heiß bin ich natürlich auf den Anblick des Grenzflusses, der auf russischer Seite von der Feste Ivangorod und im westlichen Estland von der Hermmansfeste gesäumt wird. In der Mitte ist die Grenzbrücke, auf der die E20 gen St. Peterburg führt. Erster Ort in Russland ist Ivangorod (w). Ich darf leider nicht dorthin, denn ich habe kein Visum. So ein Dreck, da habe ich am falschen Ende gespart. Im Vorfeld hätte ich mir eines besorgen lassen können, doch wenige Stunden in Ivangorod waren mir die circa 60,- Tacken on top nicht wert. Nun sehe ich die Sache anders, aber es ist zu spät.

Blick von Narva auf die Grenzbrücke (E20) und Ivangorod
Blick von Narva (w) auf die Grenzbrücke (E20) und Ivangorod (so nah und doch so fern, schluchz... )
Blick von Narva auf die Grenzabfertigung in Ivangorod
Blick von Narva auf die Grenzabfertigung in Ivangorod

Blick von Narva auf die Grenzbrücke (E20) und Ivangorod
Grenzabfertigung in Ivangorod, estnisch-russische Grenze (E20)
Grenzabfertigung in Ivangorod, estnisch-russische Grenze (E20)

An dem Blick nach Russland kann ich mich nicht sattsehen. Mein Herz schmerzt, denn ich will rüber auf die andere Seite der Narva. Aber ich bin hier nunmal nicht bei wünsch dir was sondern bei so isses, also muss ich meinen Groll auf mich selbst angesichts des nicht besorgten Visums vergessen. Nach wenigen hundert Metern erreiche ich das Wahrzeichen überhaupt der drittgrößten Stadt Estlands (mit einem Bevölkerungsanteil von zuverlässigen Quellen nach locker 95% Zentrums der russischen Minderheit), die Hermannsfeste.

Narva, Hermannsfeste (w)
Narva, Hermannsfeste (w)


An der E20: Grenzanlage in Narva, Estland


Grenzabfertigung in Ivangorod, estnisch-russische Grenze (E20)
Grenzabfertigung in Ivangorod, estnisch-russische Grenze (E20)

Zollabfertigung in Narva, estnisch-russische Grenze (E20)

Grenzabfertigung in Narva, estnisch-russische Grenze (E20)
Erinnerungen an vergangene Zeiten, Narva, Estland 2012
Erinnerungen an vergangene Zeiten, Narva, Estland 2012
Narva, Hermannsfeste in voller Pracht; gegenüber Ivangorod, das russische und nicht minder beeindruckende Gegenstück
Narva, Hermannsfeste in voller Pracht; gegenüber Ivangorod, das russische und nicht minder beeindruckende Gegenstück

Südlich der Eisenbahnbrücke nach Russland gibt es gemäß im Vorfeld getätigter Internetrecherche und in Übereinstimmung mit dem Touristen-Stadtplan der estnischen Grenzstadt Narva einen Übergang nur für Fußgänger. Die nette Dame an der Rezeption wusste nicht davon. Umso besser, denn noch stylisher als ein Hinterarschinggrenzübergang ist ein unbekannter Arsch-Der-Welt-Grenzübergang. Nichts wie hin. Ein kurzer Blick auf den Ausdruck verrät mir den kürzesten Weg. Nahezu Luftlinie, sauber! Ich überquere die Bahngleise und genieße den Grenzbahnhofsstyle. Die Fußgeherbrücke über die breit angelegten Gleisanlagen könnte jedoch etwas bronxiger sein. Okay, ich gebe es zu: diesbezüglich bin ich der Harlower Pedestrianbridge wegen ein bischen zu verwöhnt... .

Gleisanlagen unmittelbar vor der Grenze nach Russland (Narva, Estland)
Gleisanlagen unmittelbar vor der Grenze nach Russland (Narva, Estland)
Gleisanlagen unmittelbar vor der Grenze nach Russland (Narva, Estland)
Gleisanlagen unmittelbar vor der Grenze nach Russland (Narva, Estland)


Gleisanlagen unmittelbar vor der Grenze nach Russland (Narva, Estland),die Eisenbahnbrücke ist bereits zu sehen...

Nach dem Überqueren der Gleise wartet ein ein eiliger Marsch auf schnurgerader Strecke durch scheinbar ausgestorbenes Stadtgebiet. Völlig unverhofft komme ich an einem ehemals prunkvollen, nun offenbar dem Verfall freigegebenen Gebäude vorbei.

Von hier aus ist es nicht mehr weit bis zum Fußgeherübergang nach Russland, jippieh!
Und dann erscheint er plötzlich vor meinem Auge, der unbekannte (selbst unter Locals!) Fußgänger-Grenzübergang gen Russland. Von Narva nach Ivangorod. Und dieser ist überraschenderweise durchaus als frequentiert zu bezeichnen. Endzeit. Stylish hoch zehn, dennoch!
Einfach nur derbe, atmosphärisch dicht, diese so unbekannte Passage nach Russland. Vom Süden der estnischen Stadt Narva aus. Ich setze mich auf eine Mauer und beobachte das Treiben. Ich bin da, wo ich von Anfang an hinwollte und ärgere mich nun nahezu minütlich wiederkehrend darüber, kein Visum im Reisepass zu haben. Wie gesagt, die circa 60,- Tacken mehr hätten mich auch nicht in den Konkurs getrieben. Mit einem russischen Einreisevisum hätte ich nun einen phänomenalen Rundspaziergang machen können. Rüber nach Iwangorod und über die E20-Brücke wieder zurück. Mehr ginge nicht! Habe aber bekanntlich kein Visum. Also hänge ich hier, an der unglaublichen Schnittstelle zwischen der EU und der Russischen Förderation geflashed ab und fülle Seiten.

Leider nur für Anrainer und schon gar nicht für Ausländer ohne Visum: Fußgänger-Grenzübergang gen Russland, von Narva nach Ivangorod, Juli 2012
Leider nur für Anrainer und schon gar nicht für Ausländer ohne Visum: Fußgänger-Grenzübergang gen Russland, von Narva nach Ivangorod, Juli 2012
cke nach Kreenholmi, zu einer estnischen Insel im Narvafluss, die nur nach Anmeldung betreten werden darf und eine große Rolle auf dem Gebiet der Textilien spielte...
Brücke nach Kreenholmi, zu einer estnischen Insel im Narvafluss, die nur nach Anmeldung betreten werden darf und eine große Rolle auf dem Gebiet der Textilien spielte...

Unbarmherzig rast mir die Zeit davon. Gemäß der Tourikarte müsste es möglich sein, am Fluss entlang zurück ins Zentrum Narvas zu kommen. Leider ist der mir zur Verfügung stehende Stadtplan ähnlich detailliert und aussagekräftig wie die Karte vom Krustyburger, mit der Homer in einer der coolsten Episode der Simpsons unterwegs ist. Also biege ich hier und da in nicht verzeichnete Straßen und Gassen, immer flussabwärts, ab. Komme vorbei an Zeugen vermeintlich besserer Zeiten und erfreue mich an derbst bronxigen Gebäuden. Ost-Style in Vollendung!

Auf einem Garagengelände verfolgt mich ein Aufpasser auf Schritt und Tritt. Am Ende des Areals ist Endstation. Eine Mauer versperrt mir den Weg in die richtige Richtung und ich habe keine Lust, im so gehassten Zick-Zack-Kurs wieder zurück und auf die andere Seite der Mauer zu latschen. Wie ein dicker ungelenkiger Affe versuche ich, über die Mauer zu klettern. Stelle erst Kamera und Hüpferlitasche auf die Mauer und versuche dann, mich hochzuziehen. Der Aufpasser stürmt zu mir und zieht mich von der Mauer, die ich beinahe erklommen habe, unsanft herunter. Hinter der Mauer verläuft eine Straße und wenn ich den zahnlosen Typen richtig verstehe, darf ich auf gar keinen Fall beim Mauerübertritt gesehen werden, da er sonst tierisch auf den Sack von den Garagenbesitzern bekommen würde. Okay, also sperren wir beide unsere Lauscher auf. Keine "maschina" zu hören, also ab dafür. Zack, bin ich drauf auf der Mauer. Auf der anderen Seite beträgt die potentielle Fallhöhe knapp zwei Meter. Vorsichtig, trotz aller "Dawai, dawai!"-Rufe lasse ich mich langsam und behutsam herunter. Keine Lust darauf, so einen Mist wie Buzz in Odessa zu erleben.

Riesiges Garagengelände in Narva
Riesiges Garagengelände in Narva


Geschafft: verletzungsfrei (abgesehen von Schürfwunden an den Unterarmen) jenseits der Mauer, Narva
Geschafft: verletzungsfrei (abgesehen von Schürfwunden an den Unterarmen) jenseits der Mauer, Narva

Ost-Style in Vollendung
Ost-Style in Vollendung

Wenig später erreiche ich die Eisenbahnbrücke, unter der ich durchgehe und aus einem Knick heraus die estnische sowie die russische Wachbude an den Gleisen ablichte.

Grenzposten an der Eisenbahnstrecke von Narva (Estland) gen Iwangorod (Russland)
Estnischer Grenzposten an der Eisenbahnstrecke von Narva (Estland) gen Iwangorod (Russland)
Russischer Grenzposten an der Eisenbahnstrecke von Iwangorod (Russland) gen Narva (Estland)
Russischer Grenzposten an der Eisenbahnstrecke von Iwangorod (Russland) gen Narva (Estland)

Kurz nach der Unterquerung der Eisenbahngleise erreiche ich den perfekten Asselplatz. Mit Blick auf die Narva, Iwangorod, das Wasserkraftwerk (bereits Russland), die Eisenbahnbrücke und etliche am Ufer des Grenzflusses stehende Angler, die erstaunlich oft Beute aus dem Wasser ziehen. Sitzen und bis dato leere Seiten füllen kann ich bequem auf einem der Betonpoller eines Strommastes. Dazu scheint die Sonne, mehr geht nicht. Okay, wie schon so oft würde ich gern Zeit dazu kaufen können aber alles in allem ist es schon ganz gut, dass es keine Grauen Herren (w) gibt.

Russisches Wasserkraftwerk an der Narva - Daumen hoch für dieses wunderschöne Fleckchen Erde!
Russisches Wasserkraftwerk an der Narva - Daumen hoch für dieses wunderschöne Fleckchen Erde!
Eisenbahnbrücke Ivangorod-Narva bzw. Russland-Estland
Eisenbahnbrücke Ivangorod-Narva bzw. Russland-Estland
Russisches Wasserkraftwerk an der Narva
Russisches Wasserkraftwerk an der Narva

Während ich so auf dem Betonpoller abhänge und Styles wie Atmosphäre tief in mich hineinsauge, komme ich mit einem hageren Macker ansatzweise ins Gespräch. Abgesehen vom Macker grüßen übrigens auch alle anderen Leute stets freundlich (auf russisch). Mein Standardvokabular slawisch leistet erfolgreich treue Dienste. Mein Sicherheitsempfinden ist hoch und ich kann die in den Weiten des Netzes verbreiteten Schauermärchen über Narva kaum nachvollziehen. An einem grauen, kalten Novemberabend könnte das anders sein, klar. Heute jedoch fühle ich mich sicher. Werde nirgendwo schräg oder gar krumm angegafft und habe ein positives Bauchgefühl. Ich will noch vor Sonnenuntergang baden, also haste ich schweren Herzens zur Badestelle am Narvaufer. Für mehr als einen kurzen Sprung in den Weiher ist keine Zeit, denn um 22h schließen die Shops der Stadt. Besorge auf den allerletzten Drücker ein paar Baltika3 und schlage bis zur Dämmerung erneut seitenfüllend Wurzeln, mit sensationellem Blick auf beide Festen. Kurz vor Laden-bzw. Alkverkaufsschluss ist übrigens jede Menge Action an und in den einschlägigen Geschäften.

Narva hat mich in seinen Bann gezogen, soviel ist schon jetzt sicher! Welch selten geile Stadt!

Wunderschöne Flusslandschaft: hier Narva, gegenüber Ivangorod
Wunderschöne Flusslandschaft: hier Narva, gegenüber Ivangorod

Blick auf beide Festen gleichzeitig

Es kommt, wie es kommen muss. Langsam aber sicher wird es dunkel. Das natürliche Licht reicht nicht mehr zum Schreiben aus, also brauche ich eine künstliche Quelle. Leider begegnen mir auf den Straßen immer mehr nicht zu 100% koschere, offensichtlich alkoholisierte Gestalten. Traue mich also nicht auf eine Parkbank oder ähnliches. Plötzlich erhellt mich ein Geistesblitz: ab an die Grenzanlage! Dort setze ich mich auf den Betonpoller einer Werbetafel nahezu direkt am viedoüberwachten Grenzzaun und beobachte den Verkehr. Wehmütig, geflashed und in Narva verliebt.

Gegen 23h schließlich reise ich von meiner winzigen Einzelzelle aus in die grenzenlosen Weiten des Netz und versorge die lieben daheimgebliebenen mit Informationen, Pics und Statusmeldungen.


Hermannsfeste, Narva
Hermannsfeste, Narva

Finales Seitenfüllen an der Grenze, Narva, 2012

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