Toulouse
- Bordeaux - Arcachon - Ferrara - Monselice - Venedig - Treviso, März 2018
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Tag 2: Purpan - Toulouse - Bordeaux
Ein Frühstück gibt es nicht abzugreifen, da ich keine Lust habe 9,90 € zusätzlich zu berappen und oben drein auch weder Zeit noch den nötigen Appetit habe, das Buffet im Campanile Purpan ausgiebig zu plündern. Ich habe einen Zug zu erreichen, und zwar jenen von Toulouse Matabiau nach Bordeaux Saint Jean. Der Zugbindung wegen gilt es, keine Eile walten zu lassen und nach dem Aufstehen zeitig loszumachen. Als erstes zur Tram-Haltestelle Purpan, die sich mitten drin in einem riesigen Krankenhausareal befindet.
Tram-Haltestelle Purpan (Toulouse)
Bis zur Abfahrt der nächsten Tram zum Öffi-Umstiegspunkt "Arènes", wo ich in die Metro wechseln werde, bleibt noch ausreichend Zeit um eine Stange Wasser in die Ecke (idealerweise an eine Hecke oder einen Baum; nennen wir es mal "Wasser") zu stellen. Rasch werde ich hinter einem Gebäude fündig. Während ich so entspannt wie möglich "laufen lasse" fällt mein Blick auf ein an der Hintertür angebrachtes Hinweisschild. Dieses Schild weist darauf hin, dass hier lediglich Lieferanten und Bestattungsunternehmen (!) halten dürfen. Nicht umsonst betone ich stets wiederkehrend die Flüchtigkeit der (Lebens-) Zeit und verhalte mich entsprechend bewusst, wobei diesbezüglich noch immer Optimierungsbedarf meinerseits besteht - ich arbeite daran.
Zurück zur Tram-Haltestelle, weiter geht´s.
Alter Schwede, geil, das
nenne ich mal eine Stylo-Platte: Öffi-Umstiegspunkt "Arènes",
wo ich in die Metro zum Fernverkehrsbahnhof "Matabiau" wechsle
Am Öffi-Umstiegspunkt
"Arènes" steige ich um in die Metro
Toulouse: Fernverkehrsbahnhof "Matabiau"
Bei diesem Preis kann ich
den sich langsam anmeldenden Futtertrieb locker noch bis auf weiteres aufschieben...
In einem nahegelegenen kleinen Supermarkt erwerbe ich zwei Bananen und Mineralwasser. Und stelle mich ans Gleis. Sofort poppen Erinnerungen an den damaligen Schüleraustausch auf. Sind von Kiel aus tatsächlich mit der Bahn an- und auch wieder zurückgereist und waren gelinde ausgedrückt "l a a a a a n g e" unterwegs, mit Umstieg in Paris (Montparnasse). Tja, zu der Zeit waren Flüge halt wesentlich kostspieliger als heutzutage. Und um Längen teurer als Bahnreisen. Wie sich die Zeiten doch geändert haben. Wie ich finde nicht gerade zum Guten aber das ist ein anderes Thema, welches ich im Rahmen dieses TRs keineswegs zu erörtern gedenke.
An den Gleisen des Bahnhofs
Toulouse Matabiau, an denen Erinnerungen an den Schüleraustausch damals
aufpoppen
Zack, da trudelt sie ein,
die Bahn die mich pünktlich für 15,- € (Ticket mit Zugbindung)
von Toulouse nach Bordeaux befördern wird
Im Ticketpreis inbegriffen ist eine Sitzplatzreservierung. Den Sitzplatz durfte ich im Rahmen des Buchungsprozess frei auswählen und so finde ich mich am Fenster wieder. Während der nächsten gut zwei Stunden lasse ich die unspektakuläre Landschaft an meinen Augen vorbeiziehen und schwelge in aufgefrischten Erinnerungen an den damaligen Austausch. Etliche Nummern aus dieser Zeit gehören aufgeschrieben, keine Frage. Vielleicht schreibe ich ja tatsächlich mal ein Buch oder so, mal sehen. Was ganz anderes: eine Karte.
Mit der französischen
Bahn unterwegs von Toulouse nach Bordeaux
Pünktlich erreiche ich Bordeaux - Neuland für mich denn hier war ich bislang noch nie.
Angekommen am Fernverkehrsbahnhof
Bordeaux Saint Jean
Innenbereich vom Fernverkehrsbahnhof
Bordeaux Saint Jean
Fernverkehrsbahnhof Bordeaux
Saint Jean
Der erste Weg führt mich zur Unterkunft der beiden folgenden Nächte. Die Rede ist hierbei vom All Suites Appart Hotel Bordeaux Marne. Zwanzig Minuten später stehe ich im Zimmer und schaue mich um. Alles in Ordnung, wenn auch für meinen Geschmack eine Spur zu steril, irgendwie Wohnheim- oder gar Krankenhausstyle. Das mit der Nutzung als Wohnheim könnte sogar stimmen, denn in der Nähe befinden sich diverse Bildungseinrichtungen.
Meine Bude im All Suites
Appart Hotel Bordeaux Marne
Aber alles sauber und neuwertig vom Interieur. Zudem mit einer wie sich im Laufe meines Aufenthaltes noch herausstellen wird bestens nutzbaren und wertvolle Dienste verrichtenden, gut augestatteten Küchenzeile - für mich als Restaurantmuffel und Selbstversorger natürlich ideal. Und so schalte ich als erstes den Kühlschrank (der sogar über ein geräumiges Tiefkühlfach verfügt) an und latsche zum nahegelegenen Lidl.
Teile des weitläufigen
Areals vom All Suites Appart Hotel Bordeaux Marne
Bei Lidl stocke ich meine Lebensmittelvorräte auf. Etliche der Tiefkühltruhe entnommene Mikrowellengerichte landen dabei im Einkaufswagen, dazu alles was ich sonst noch während der nächsten beiden Tage brauchen könnte. Abgesehen davon ist haben bekanntlich besser als brauchen, weshalb ich leichte Hamsterallüren an den Tag lege. Banane. Die Vorräte sind fix verstaut, eine erfrischende Dusche schnell genommen, das kostenfreie Wifi rasch getestet (top!) und meine Sachen für die nun folgende Stadtvisite schnell organisiert und gepackt.
Bordeaux, los geht´s. Und zwar mit dem Rad, denn so wie in Toulouse gibt es auch hier ein bestens funktionierendes Verleihsystem. Eine Station befindet sich praktischerweise direkt um die Ecke meiner Unterkunft, und zwar am Place Pierre Jacques Dormoy. Auf der nachfolgend eingebetteten Streetview-Ansicht von "Google Maps" sind alle Räder verliehen. Heute sieht es glücklicherweise anders aus, ich habe die Qual der Wahl.
Zack, schon sitze ich auf einem Zossen und radle stadteinwärts.
Zack, schon sitze ich auf
einem Zossen und radle stadteinwärts
Mit dem Rad unterwegs in
Bordeaux
Seit 1998 auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes: die Basilique Saint Michel
(w)
Ein Triumpfbogen (Porte de
Bourgogne) darf auch in Bordeaux nicht fehlen
Beim Triumpfbogen ist die erste halbe Stunde des genüsslichen Gratis-Radelns durch Bordeaux vorbei. Zeit, den Drahtesel zu wechseln. Könnte ich prinzipiell wie beim vom Eishockey bekannten "Fliegenden Wechsel" erledigen aber ich entscheide mich stattdessen dafür, die sich erstmals am heutigen Tage länger als nur für ein paar Minuten zeigende Sonne auf einer Bank ganz in der Nähe zu genießen. In der Stadt ist eine Menge los, heute findet zunächst ein Marathon und später ein Stadtfest statt. Das macht die Asselplatzsuche später zu einer echten Herausforderung aber da muss ich dann durch.
Ich beobachte die Massen und frage mich selbst, was ich eigentlich über Bordeaux weiß Ich gebe es zu, dass ich so gut wie nichts über die neuntgrößte Stadt Frankreichs (welch wunderschönes, abwechslungsreiches Land... ) weiß. Ein Blick in den Artikel auf Wikipedia (w) kann nicht schaden. Dort steht u.a.:
"Bordeaux
ist Universitätsstadt und politisches, wirtschaftliches und geistiges Zentrum
des französischen Südwestens. Ihre
Einwohner nennen sich Bordelais. Berühmtheit hat die Stadt insbesondere
durch den Bordeauxwein und ihre Küche erlangt, aber auch durch ihr bauliches
und kulturelles Erbe. Bordeaux ist Sitz der Präfektur des Départements
Gironde und Hauptstadt der Region Nouvelle-Aquitaine, ferner Sitz eines Erzbischofs
und eines deutschen Generalkonsulats.
Die Stadt hat auf Grund der vielen Museen, die sich dort befinden, als auch
auf Grund der Tatsache, dass während der Invasionen Deutschlands nach Frankreich
1870/71, 1914, 1940 regelmäßig zeitweise der Regierungssitz von Paris
nach Bordeaux verlegt wurde, den Ruf einer heimlichen Hauptstadt Frankreichs.
Bordeaux selbst hat
249.712 Einwohner (Stand: 1. Januar 2015). Der engere Ballungsraum Bordeaux
kommt jedoch auf etwa 720.000 Einwohner und umfasst auch 26 umliegende Kommunen,
die im Kommunalverband Bordeaux Métropole organisiert sind. Dieser Verband
ist wiederum Teil einer Agglomeration, die den weiteren Einzugsbereich mit insgesamt
51 Kommunen umfasst und so auf fast 840.000 Einwohner kommt. Die nochmals erweiterte
aire urbaine, vergleichbar mit einer Metropolregion, zählt sogar mehr als
1,11 Mio. Einwohner.Bordeaux ist damit die größte Stadt im Département
Gironde und der Region Aquitanien und die neuntgrößte Stadt Frankreichs.
Die Agglomeration rangiert in Frankreich an sechster Stelle, die Stadt selbst
an neunter Stelle.
Bordeaux ist eine Stadt, die im Südwesten Frankreichs, etwa 45 Kilometer vom Atlantik entfernt, an der Garonne, die sich in einem weiten Bogen durch die Stadt zieht, liegt. Diese Form einer Mondsichel verhalf der Stadt zum Namen Port de la lune (Hafen des Mondes). Einige Kilometer flussabwärts vereinigt sich die Garonne mit der Dordogne zum über 70 Kilometer langen Mündungstrichter Gironde. Bis in das Stadtgebiet hinein sind daher die Gezeitenkräfte zu beobachten. Bei Flut drückt das einströmende Meerwasser den Fluss zurück und hebt den Pegel um etwa 4 5 Meter. Die entstehenden Strömungen sorgen für Strudel und ein unruhiges Oberflächenwasser. Bisweilen kann sich auch eine regelrechte Welle dutzende Kilometer flussaufwärts bewegen. Dieses Phänomen wird in Bordeaux mascaret (Springflut) genannt.
Bordeaux liegt am Südrand der gemäßigten Klimazone. Die sehr milden Winter und die langen, warmen Sommer lassen bereits subtropisch-mediterranen Einfluss spüren. Niederschlag ist zu allen Jahreszeiten häufig; mit einer Niederschlagsmenge von über 900 Millimeter pro Jahr werden für französische Verhältnisse relativ hohe Mengen erreicht."
Der Artikel ist sehr ergiebig, dennoch ziehe ich ihn mir gleich an Ort und Stelle rein. Besser informiert besorge ich mir ein neues Rad und fahre weiter flussabwärts.
So sehen sie übrigens
aus, die Stationen des lokalen Radverleihsystems (in Bordeaux)
Porte Cailhau, 1495 zu Ehren
von Karl VIII. (w)
errichtet
Place de la Bourse, heute ohne "miroir d'eau...
Am Place de la Bourse,Bordeaux
So richtig warm werde ich nicht mit Bordeaux. Woran es liegt, kann ich gar nicht so genau benennen. Atmosphärisch fand ich jedenfalls Toulouse wesentlich angenehmer; ich fühle mich nicht so richtig wohl und das liegt nicht nur daran, dass es extrem schwer ist, eine gediegene Asselbank ausfindig zu machen. Und so kreuze ich auf wechselnden Rädern kreuz und quer durch die Stadt. Auf diese Weise komme ich wenigstens ordentlich herum, das ist doch auch mal was.
An der Garonne ist schlicht
und ergreifend viel zu viel los, trotz des heute recht bescheidenen und frischen
Wetters
Bourse Maritime, Bordeaux
Grob gesagt fahre ich zur als Hubbrücke ausgeführten Straßenbrücke "Pont Jacques Chaban-Delmas" (w). Ich spekuliere darauf, dass dort weniger los als im Zentrum ist. Den Weg dorthin mache ich zum Ziel, klarer Fall.
Mit dem Rad unterwegs in
Bordeaux
Unterwegs auf der "Pont
de pierre", Blick gen Place de Stalingrad
Mehrfach wechsle ich das Flussufer und lege einen recht verzweifelt anmutenden Zick-Zack-Kurs (hasse ich bekanntlich in etwa so wie Biff "Mist" hasst) hin. Ich grase die Uferbereiche ab und freue mich, als ich ein recht einsames Fleckchen finde. Wenige Sekunden nachdem ich mich gedanklich einzurichten begonnen habe springen mir etliche benutzte Einwegspritzen, Zigarettenkippen und weiterer Unrat ins Auge (zum Glück bloß sprichwörtlich aber "würg" ist es natürlich trotzdem). Rucki-zucki mache ich wieder die Biege. Zu allem Überfluss zeigt sich der Himmel zwischenzeitlich von einer beunruhigenden Seite und es zieht Wind auf. Hauptsache es bleibt trocken... .
Blick vom vermeintlichen
Asselplatz auf die Pont de pierre, Bordeaux
Bordeaux, als Hubbrücke
ausgeführte Straßenbrücke "Pont Jacques Chaban-Delmas"
Die "Pont Jacques Chaban-Delmas" ist beeindruckend, keine Frage. Einen Platz zum entspannten Abhängen gibt es hier allerdings keinen. Also wechsle ich schon wieder das Ufer und erreiche die "Cité du Vin" samt gleichnamigen Museum. Interessiert mich beides nicht die Bohne. Weder habe ich Bock, es den vielen anderen Leuten gleich zu tun und mir in einer der vielen an der Garonne situierten Lokale Wein reinzuschrauben noch muss ich mir das ganze weinbezogene Gedöns in einem Museum ansehen. Was mich wesentlich mehr interessiert ist der Auftritt der Frankfurter Eintracht damals im Jahre 2013 (top-vid) beziehungsweise was das bei den lokalen Fussball"fans" ausgelöst haben dürfte.
Kurz spiele ich mit dem Gedanken, zum Expogelände zu fahren aber das ist mir zu dieser vorangeschrittenen Uhrzeit zu weit vom Zentrum und meiner Unterkunft entfernt. Irgendwo an der Garonne muss es doch ansatzweise möglich sein, den Tag relativ stressfrei ausklingen zu lassen oder was? Sieh an, im Parc aux Angéliques werde ich endlich fündig. Sicherlich kein toller Platz aber immerhin, er erfüllt seinen Zweck.
Blick vom Parc aux Angéliques
auf das Zentrum von Bordeaux
Ich richte mich bestmöglich ein und schaffe es trotz aller Widrigkeiten (windig, zu hoher PSF, eingeschränkte Aussicht), mich einigermaßen einzurichten und den Moment zu genießen.
Parc aux Angéliques
Während ich so da sitze und den Tag Revue passieren lasse fängt es an zu regnen. Entsprechend packe ich mein Zeugs zusammen und ziehe Leine. Mit einem weiteren geliehenen Rad heize ich zurück zum Place Pierre Jacques Dormoy. Kaum habe ich eben jenen Platz erreicht, klart der Himmel plötzlich wieder auf. Gibt´s doch gar nicht? Ist aber so. Da mir der authentische, lauschige und friedliche kleine Platz schon von Anfang an gut gefallen hat lasse ich den Tag nun hier ausklingen und habe einen schönen Abend.
Wieder zurück am Place
Pierre Jacques Dormoy, einen Katzensprung von meiner Unterkunft (All Suites
Appart Hotel Bordeaux Marne) entfernt und über die eine oder andere durchaus
adäquate Asselbank verfügend
Spät des Abends kehre ich in die Bude zurück und nutze die Küchenzeile. Mikrowellenfutter ist unter normälen Umständen asolut nicht mein Ding aber in diesem Fall einfach eine geniale Sache. Kurz noch unter die Dusche, dann in die Koje und nichts wie ab ins Reich der Träume lautet mein Motto.