Februar 2011: Hannover - Bratislava - Rajka (H) - Wien - Hannover: der eiskalte, arschcoole "Drei-Länder-Trip"

Anfang Februar zieht es mich eines kaum ablehnbaren Germanwings-Angebots wegen trotz zweistelliger Minusgrade für zwei Tage nach Wien. Von Schwechat geht es mit dem Slovak Lines Bus nach Bratislava Petržalka, mitten in eines der größten und stylishsten mir bekannten Plattenbaugebiete Europas. Den diesjährigen Länderpunkt Ungarn nehme ich dank der seit Oktober existierenden Linienbusverbindung von Bratislava nach Rajka (H) liebend gern mit und verbringe den Abend im Wellnessbereich meines Bonzenhotels, die Nacht in verschiedenen Kaschemmen der Megaplatte Petržalka, die mich vollends zu begeistern versteht. Am nächsten Tag bringt mich der österreichische Postbus nach Wien, wo ich nach einem kurzen Stadtspaziergang rasch das so sehr geliebte Hütteldorf und meinen Asselplatz am Wienfluss ansteuere. Alles ist cool. Im wahrsten Sinne des Wortes. Abgesehen von den Schwachmaten, die mich am Zugang zum Wienfluss hindern wollen. Ob es ihnen gelingt? Ob ich mir Erfrierungen zuziehe? Liest selbst!

Tag1 - Tag2

Tag1: Hannover - Wien-Schwechat - Petržalka - Bratislava - Rajka (H) - Petržalka - Bratislava - Petržalka - Bratislava

Bereits um halb fünf in der Früh klingelt mich mein Handywecker wach. Raus aus dem Dreamland, rein in den Trip. Streng genommen ist "früh" für mich etwas anderes. Nachdem ich zuletzt meist auf dem Bremer Flughafen übernachten und diesen schließlich auch erst einmal erreichen musste, ist das zeitige Aufstehen heute purer Luxus für mich. Entspannt und bestens aufgelegt erreiche ich mit der pünktlichen S-Bahn der meiner Erfahrung nach stets absolut pünktlichen und zuverlässigen GVH (Plan der Region Hannover, PDF) um kurz vor halb sechs den Flughafen Langenhagen. Die Rolltreppe befördert mich in den Abflugbereich. Es kribbelt. Es geht schon wieder los. Das darf kaum wahr sein, war ich doch erst vor zwei Wochen mal wieder auf Mallorca am Start. Natürlich via Bremen. Heute also geht´s ab Hannover nach Wien.

Rolltreppe nach oben - HAJ

Rolltreppe nach oben - HAJ

HAJ - zum Übernachten untaugliche Wartebänke

HAJ - zum Übernachten untaugliche Wartebänke

Über den Flug an sich gibt´s nichts zu berichten. Alles läuft nach Plan, der Airbus ist miserabel ausgelastet und jeder einzelne Flugbegleiter extrem gut drauf. Am Wiener Flughafen begebe ich mich zur Bushaltestelle der Slovak Lines im Ankunftsbereich und habe Glück. In wenigen Minuten, um 8.18h (Fahrplan, PDF) und somit einen Bus eher als geplant geht´s los. Das Returnticket kostet inklusive Tageskarte für die Pressburger Öffis schmale 15,30€. Ein meines Erachtens fairer Preis.

Von der Landschaft und den Dörfern her fühle ich mich hier im Osten Österreichs bereits wie in der Slowakei. Die Grenzen sind, jedenfalls optisch, fliessend und in einander übergehend, wie ich meine.
Erst in
Petržalka (w), ich verlasse den Bus an der Haltestelle Einsteinova, sieht es plötzlich ganz anders aus. Hinter der Lärmschutzmauer befindet sich eine der größten mir bekannten zusammenhängenden Plattenbausiedlungen, die mich schon seit Jahren fasziniert. Die ich aber abgesehen von einem kurzen Einkaufsstopp mit dem KING und einer kurzen Radtour im Sommer 2006 bislang nicht genauer inspiziert habe. Heute ist sogesehen Premiere. Und ich freue mich darauf, trotz der eisigen Kälte.

Petržalka - Bushaltestelle Einsteinova, landeinwärts fotografiert

Petržalka - Bushaltestelle Einsteinova, landeinwärts fotografiert

Petržalka

Willkommen in Petržalka

Platte en detail

Platte en détail

Petržalka

Petržalka

Befinde mich in der Gegend, in der Buzz und ich damals den KING mit slowakisch-preiswerten Köstlichkeiten vom Billa beladen haben. Krass, dass ist inzwischen locker vier Jahre her. Wie flüchtig die Zeit doch ist. Nun nutze ich die Gunst der Stunde und latsche durch die Platte. Erfreue mich hier und da an den mir gebotenen architektonischen sowie stilistischen Augenweiden und bin gut drauf. Einzig die Temperaturen machen mir zu schaffen. Es ist kaum zu glauben, dass die österreichische Grenze, das beschauliche und liebenswerte niederösterreichische Berg (w; Ortsplan) nur so wenige Kilometer von dieser kapitalen Bronx entfernt ist. Zwischen einer handvoll Km liegen Welten. Und eine Staatsgrenze. Ich liebe diesen Style!

Ich liebe diesen Style!

Ich liebe diesen Style!

Wo ich schon mal da bin, erledige ich den hier sicher um einiges preiswerter als auf der gegenüberliegenden Donauseite zu bewältigenden Einkauf für den Tag im bekannten Billa. Stromer dann zur Haltestelle Einsteinova und warte auf den Bus auf das andere Ufer.

Incheba - Messegelände von Bratislava, im Hintergrund die Burg

Incheba - Messegelände von Bratislava, im Hintergrund die Burg

Nach der Donauquerung bin ich angesichts der extrem bronxigen Haltestelle unter der Novy Most geflasht und hellauf begeistert. Morbider, endzeitmäßiger geht es kaum. Es hat sogar eine extrem asige Eulenkniep, die ich aber nicht nur angesichts des dort verkehrenden Stammklientels sondern vor allem der noch frühen Tageszeit und meinen Bedenken an der Qualität des dort ausgegebenen Gerstensafts wegen buchstäblich links liegen lasse.

Bushaltestelle namens Novy Most, Umsteigepunkt zu vielen verschiedenen Linien

Bushaltestelle namens Novy Most, Umsteigepunkt zu vielen verschiedenen Linien

Novy Most, die neue Brücke, Bratislava aka Pressburg aka Pozsony

Novy Most, die neue Brücke, Bratislava aka Pressburg aka Pozsony

Ich mache mich lieber auf den Weg hinauf zur Burg von Bratislava. Verdammte Axt, es ist sowas von kalt. An gediegenes Abasseln an einem mit einer noch so wundervollen Aussicht gesegneten Asselbank ist nicht zu denken. Die meisten hübschen Bänke sind videoüberwacht und zudem keineswegs windgeschützt. Sprich: inadäquat.

Bratislava: Novy Most, über die Donau gen UFO fotografiert, Februar 2011

Bratislava: Novy Most, über die Donau gen UFO fotografiert, Februar 2011

Die Slowakei. Und die EU. Daumen hoch, finde ich!

Die Slowakei. Und die EU. Daumen hoch.

Hrad Bratislava - Burg Bratislava - Slowakei - Februar 2011

Hrad Bratislava - Burg Bratislava - Slowakei - Februar 2011

Hrad Bratislava - Burg Bratislava - Slowakei - Februar 2011

Hrad Bratislava - Burg Bratislava - Slowakei - Februar 2011

Hrad Bratislava - Burg Bratislava - Slowakei - Blick gen Petrzalka auf die Neue Brücke, Februar 2011

Hrad Bratislava - Burg Bratislava - Slowakei - Blick gen Petrzalka auf die Neue Brücke, Februar 2011

Hrad Bratislava - Burg Bratislava - Slowakei - Blick gen Innenstadt, Februar 2011

Hrad Bratislava - Burg Bratislava - Slowakei - Blick gen Innenstadt, Februar 2011

Bin auf alle widrigen Umstände eingestellt. Komme dennoch nicht auf die zweistellig minusstelligen Temperaturen klar. Selbst in voller Montur friere ich mir den Dupa weg. Und schaffe es nur unter starken geistigen Anstrengungen, bis dato leere Seiten zu füllen.

Hrad Bratislava - Burg Bratislava - Slowakei - arschkalte Asselbank, Februar 2011

Hrad Bratislava - Burg Bratislava - Slowakei - arschkalte Asselbank, Februar 2011

Ich kann es drehen und wenden, wie ich will. Es ist einfach zu kalt. Und so mache ich mich auf den Weg zur Herberge meines Vertrauens, dem Hotel Devin. Wetterbedingt verzichte ich auf einen Besuch bei der gleichnamigen Burg (w), der wohl sehenswertesten Attraktion der slowakischen Hauptstadt bzw. seiner Umgebung. Die Aussichtsplattform der Novy Most, im Volksmund UFO genannt, muss ebenfalls auf meinen Besuch verzichten.

Ganz in der Nähe der Deutschen Botschaft erreiche ich das Hotel und checke ein.

Bratislava - Deutsche Botschaft

Bratislava - Deutsche Botschaft

Der Check In verläuft freundlich und professionell. Mein Zimmer liegt, wie vorab gewünscht, im obersten Stockwerk und bietet einen Blick auf die Donau. Es ist klein, aber sauber und verfügt über gut funktionierendes Internet für lau. Hier werde ich es aushalten können. Der TV-Check beschert mir gleich fünf deutschsprachige Sender, Bingo. Eventuelle Phasen der Langeweile können somit durch TV, WWW und Wellnessbereich überstanden werden. Wenn es denn zu solchen Phasen überhaupt kommen sollte. Denn kaum bin ich aufgewärmt, zieht es mich schon wieder los. Rajka, das westlichste Hinterarsching Ungarns ruft nach mir.

Hotel Devin, Bratislava - Blick aus dem Einzelzimmer im vierten Stock auf die Donau

Hotel Devin, Bratislava - Blick aus dem Einzelzimmer im vierten Stock auf die Donau

Doch bevor ich mich auf die Suche nach der etwas ab vom Schuss liegenden Bushaltestelle für den seit Oktober des Vorjahres neu eingerichteten Linienverkehr nach Rajka mache, werfe ich einen Blick auf die Innenstadt Bratislavas. In der nichts los ist. Zu sehen, das war mir von vornherein klar, gibt´s ohnehin nicht viel. Aber dass die Fußgängerzonen derart verwaist sind, schockt mich dann doch etwas. Klarer Fall: die zahlreichen hochmodernen rund um die Stadt verteilten Geschwüre namens Shopping-Malls entziehen dem Herzen Bratislavas das Leben. Ein Trend, der sich leider nicht nur hier in der Slowakei beobachten lässt.

Spaziergang durch Bratislava

Spaziergang durch Bratislava

Spaziergang durch Bratislava

Spaziergang durch Bratislava

Spaziergang durch Bratislava

Spaziergang durch Bratislava

Schnell habe ich alles für mich relevante gesehen und so haste ich zur Haltestelle "Nová Budova SND", von wo halbstündlich der Bus der Linie 801 nach Rajka fährt (hier eine sehr informative Seite über den ÖPNV in Bratislava und der näheren Umgebung). Ich bin eine Minute zu spät, der leere Bus hat sich bereits in Bewegung gesetzt. Desperat stelle ich mich an einer glücklicherweise roten Ampel vor das Gefährt, setze den verzweifeltesten aller Gesichtsausdrücke auf und flehe den mich emotionslos durch die uns beide trennende Windschutzscheibe anglotzenden Fahrer an. Die Ampel schaltet auf grün. Der Typ am Lenkrad könnte losfahren. Macht er aber nicht. Er öffnet gönnerhaft die Tür und nimmt mich, das arme Schwein, ritterhaft mit. Das Ticket nach Rajka kostet 1,5€ und kann wahlweise auch in ungarischen Forint bezahlt werden. Die Fahrt bis "Rajka, Autóbuszforduló" dauert eine sehr kurzweilige halbe Stunde.

Unterwegs nach "Rajka, Autóbuszforduló"

Unterwegs nach "Rajka, Autóbuszforduló"

Auch für den Fahrer verging die halbe Stunde 100%ig schnell. Er telefonierte während der gesamten Fahrt und bewies in etlichen Situationen, dass er die Strecke und sein Vehikel kennt. Dabei behandelte der Chauffeur sein Arbeitsgerät mit ebenso viel Respekt und Sorgfalt wie ich zuletzt den Miet-KA auf Mallorca (hier der Bericht). Den mehrfachen Elchtest jedenfalls bestand der Bus.

In Rajka fährt der Bus erstmal quer durch den Ort, am zentralen Dorfplatz vorbei zum Busbahnhof. Dieser befindet sich am Ortsausgang gen Südosten. Direkt am Autóbuszforduló gibt es einen kleinen CBA-Supermarkt, der überraschend gut sortiert ist und Kreditkartenzahlung unabhängig vom Einkaufswert akzeptiert. Und so wandert ein Soproni Sör, Mineralwasser, das gute Budapester After Shave und Meersalz aus Athen in meinen Besitz. Das Meersalz aus Athen wird mir zuhause treue Dienste leisten und ist sowas wie ein stylishes Souvenir. Und keineswegs zum Enteisen der Gehwege vor Ort vorgesehen. Beim Bezahlvorgang offenbart die Kassiererin, dass sie sich der Bedeutung der beiden Buchstaben "ok" auf dem Display des Kartenlesers nicht bewusst ist. Wieso sonst spricht sie "ok" nicht wie international üblich "okay" sondern "ock!" aus? Erinnert mich an die weltfremden Japaner in Amsterdam, die mit nach oben gestreckten Daumen nichts anfangen konnten.

Hier im CBA wartet übrigens auch der Busfahrer darauf, zurück nach Bratislava zu brettern. Auch er hat eingekauft. Was? Ich verrate es nicht, würde die Sache nicht besser machen.

Angekommen: Rajka, Autóbuszforduló

Mein Ziel ist der Dorfplatz mit seinen zwei aus dem Bus heraus ausgemachten Statuen. Also latsche ich los, quer durch den Ort. So wenige Km hinter der Grenze derart authentischen ungarischen Style vorzufinden wundert mich. Vor allem, weil die slowakische Minderheit seit Jahren aufgrund niedrigerer Grundstücks- und Mietpreise als in der Pressburger Region stetig anwächst.

Rajka

Rajka

Rajka

Rajka

Rajka

Rajka, Pestsäule (?)

Rajka, Pestsäule (?)

Rajka, Élelmiszer CBA am zentralen Dorfplatz

Rajka, Élelmiszer CBA am zentralen Dorfplatz

Rajka

Rajka

Trotz der Eiseskälte lasse ich mich auf dem Dorfplatz von Rajka (w), genauer gesagt am Kriegerdenkmal nieder und fülle bis dato leere Seiten. Zische dazu das Soproni und studiere die Namen der gefallenen Ragendorfer. Allesamt deutsch.

Rajka - Kriegerdenkmal

Rajka - Kriegerdenkmal

Lange halte ich es, so sehr es mir auch in Rajka gefällt, nicht aus. Nach nur zwei Stunden Aufenthalt fahre ich zurück nach Petržalka, wo ich einen weiteren Erkundungsspaziergang unternehme und nach einer für die Abendstunden geeigneten Pivnice Ausschau halte. Werde fündig und kehre zum Hotel zurück. Im Wellnessbereich des Devin lasse ich es mir gutgehen, drehe ein paar Runden im Pool und wärme mich in der Sauna anständig auf. Der Wellnessbereich des Hotels begeistert mich. Sauber, gepflegt und großzügig angelegt.

Um 20h fahre ich erneut hinüber aufs andere Donauufer, nach Petržalka und betrete die von außen adäquat daherkommende Kniep. Der halbe Liter Corgon 10° kostet vom Fass 0,90€. Ist hier in der Platte übrigens Standard. Sowohl verkauftes Gebräu als auch der Preis. Kann mich noch lebhaft an die Zeiten erinnern, als der Bierpreis bei der Hälfte lag. Egal, ich trete ein und sofort haut mich ein unglaublicher Rauchmuff aus den Schuhen. Alter Schwede, bei den momentanen Temperaturen wurde hier eine ganze Weile lang nicht gelüftet. Ich, der fremde Cowboy betrete den Saloon, die Gespräche der Hangarounds und Eulen verstummen und alle Augen richten sich auf mich. Ich komme an der Thekenalten an und plötzlich richten sich alle Ohren auf das, was ich sage. Gekonnt nuschelnd und silbenverschluckend platziere ich meine Bestellung, lege abgezählte 90 Cent auf den Tresen und pflanze mich an einem Tisch mit Blick durch die trübe Scheibe auf die strahlend hell illuminierte Burg von Bratislava.

Anscheinend habe ich den Test bestanden, denn innerhalb von Minuten ist jegliches Interesse an mir und meiner Mission erloschen. Werde im Laufe des Abends weiterhin freundlich bedient und fühle mich wohl. Um kurz nach 23h bringt mich der Bus zurück aufs Nordufer, zum Hotel. Stehe noch eine Weile an der Donau und genieße den Augenblick, ehe ich im herrlich bequemen Bett ins Dreamland reise.

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