Oldschool-Trip gen Osten,
April 2015
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Ach eins noch: wenn Du alles kacke findest, zwingt dich keiner, dir den Mist reinzuziehen. Nun aber viel Spaß und angenehme Unterhaltung. Schön, dass Du da bist.
Die Ursache für diese recht lange Single Action liegt darin, dass mir Warschau noch immer auf der persönlichen Landkarte fehlt. Zunächst dachte ich an eine Anreise mit Wizzair, von DTM aus. Dann kam ich zum Glück noch auf die Idee, mit der Bahn zu reisen. Zumindest von Hannover aus via Berlin nach Warschau. Zurück irgendwie anders. Und so nahm der Trip in meinen Planungen langsam Gestalt und immer umfangreichere Formen an. Letzten Endes wurde aus dem ursprünglichen Zweitagestrip eine fast einwöchige Aktion. Wie auch immer.
Los geht´s. An einem Mittwoch. Am Streik-Mittwoch. Ich schimpfe wie ein Rohrspatz, ziehe die Aktion aber trotz diverser Zugausfälle durch und latsche um kurz nach sieben in der Frühe zum Hannoveraner Hbf. Nicht dass mich jemand falsch versteht, meiner Meinung nach kann, soll und darf der Streik der GDL bis in die allerletzte Instanz ausgefochten werden, aber für meine aktuellen Reisepläne ist die Aktion dann doch recht unpassend. Dennoch stehe ich vollends hinter dem Streik, die Angelegenheit ist viel wichtiger als meine banale Bahnreise nach Warschau, soviel ist mal sicher.
Los geht´s! Ab zum
Hbf von Hannover
Los geht´s! Ab zum
Hbf von Hannover
Streik - eine Menge Züge fallen aus oder sind massiv verspätet (der
EC von Berlin nach Warschau verkehrt nur auf polnischem Terrain)
Der Streik der Lokführergewerkschaft zwingt mich dazu, in Spandau aus dem Zug zu springen und zum Taxistand zu sprinten. Um kurz nach 9:00h bringt mich der Fahrer zum Berliner ZOB am Funkturm. Wo ich in den Polskibus nach Poznan steige und mühelos eine Reihe für mich alleine ergatter. Bis hier hat jetzt alles geklappt, das ist doch mal was. Für den Busritt von Berlin nach Poznan sind übrigens roundabout 15,-€ fällig (die ich mir von der Bahn erstatten lassen will, genau wie die 18,-€ fürs Taxi). Die Dienste von Polskibus kann ich übrigens wärmstens empfehlen, ganz besonders bei frühzeitiger Buchung (sensationelle Preise).
Polskibus: vom Berliner
ZOB am Funkturm geht es weiter nach Posen
Berliner ZOB am Funkturm
Jede Menge Platz im Polskibus: vom Berliner ZOB am Funkturm geht es weiter
nach Posen
Kaum ist der Bus auf die Autobahn gerollt, bleibt er stehen. Stau. Bis zum nächsten Haltepunkt am Flughafen Schönefeld braucht er sage und schreibe eineinhalb Stunden. Ursache? Jemand hat es mächtig krachen lassen.
Jemand hat es mächtig
krachen lassen
Berlin Schönefeld
Airport
Ab Berlin Schönefeld Flughafen flutscht der Bus locker durch. Da ist sie ja auch schon, die Oder.
Überquerung der Oder
Nach dem Überqueren der Oder setze ich mir die Schlafbrille auf und döse. Bis Posen. Doof, dass der Bus nicht am Hauptbahnhof sondern in Poznan Górczyn (map) hält. Wie komme ich denn von hier ins Zentrum? Der Polskibus fährt weiter und ich stehe da und öle. Ich öle? Ja, denn von den Temperaturen her bin ich nicht nur in Posen sondern darüber hinaus im Sommer gelandet. Über 20°C! Sauber.
Poznan Górczyn
Ich entledige mich meiner Jacke und stopfe diese in das Raumwunder namens "neue Hüpferlitasche" und starre vergnarzt in die Gegend. Von hier aus fahren etliche Busse und Straßenbahnen. Es dürfte kein Problem sein, auch ohne Taxi zum Dworzec PKP zu kommen.
Poznan Górczyn -
wenigstens das Wetter ist absolut deluxe
Wieder mal auf Tour, die neue Hüpferlitasche
Poznan, Dworzec Zachodni
Der Posener Hbf empfängt mich anders, als ich ihn in Erinnerung habe. Kein Wunder, ist mein letzter Besuch doch schon wieder 17 Jahre her. Damals waren mein Kumpel T.K. und ich für ein verlängertes Partywochenende inkl. ausgiebiger ortskundiger Stadtführungen bei dessen Bekannten zu Besuch. Letztes Jahr wäre ich beinahe nach Poznan gekommen aber ich entschied mich final für Swiebodzin, der Kleinstadt mit der imposanten Christusstatue.
Swiebodzin 2014: imposante Christusstatue
Dazu gibt´s vielleicht bei Zeiten nochmal einen eigenen Trip-Report, mal schauen.
Aufgrund des Lokführerstreiks bin ich nun also für zwei Stunden in Poznan gestrandet und ich freue mich darüber. Und darauf, die Stadt nach all den Jahren wiederzusehen. Der damalige Trip hat etliche schöne Erinnerungen hinterlassen und im kleinen Kreis gäbe es etliche amüsante Anekdoten zu erzählen, z.B. die mit den Kondomen unter dem Bett der Schwester oder die mit der Coupé (w). In den Weiten des Internets halte ich mich allerdings lieber etwas bedeckter.
Poznan Glowny, alter Teil
des Bahnhofs: so cool sah es einst überall aus (hier
ein interessanter fremder Reisebericht)
Im neuen Teil, der direkt in ein neumodisches (ich hasse sie) Einkaufszentrum übergeht, befinden sich Schließfächer. Leider kann ich die neue Hüpferlitasche nicht mit stundengenauer Abrechnung sondern nur nach Zahlung des 24h-Tarifs deponieren. Egal, da muss ich nun durch und bin froh, meinen Rücken überhaupt entlasten zu können während des Spaziergangs durch Posen.
Gedächnisstütze,
da auf dem Schlüssel selbst keine Nummer drauf steht: es ist Fach 9
Acht Zlottermänner
gehen drauf, mein geschundener Rücken ist es mir wert!
Kaum aus dem Bahnhof raus peile ich die Altstadt (Poznan Zentrum: map) an und latsche bei allerbestem Aprilwetter frühsommerlichen Charakters los. In den vergangenen Jahren hat sich logischerweise eine Menge getan. Zum guten oder schlechten lasse ich, sofern man meine Präferenzen berücksichtigt, dahingestellt. Ist besser so. Kann mir gut vorstellen, dass die EM 2012 für einen massiven Modernisierungsschub gesorgt hat. Klar, auch ohne EM wäre der Lauf der Zeit nicht spurlos vorübergegangen und objektiv betrachtet ist das auch gut so.
Modernes Poznan, am Bahnhof
Nach wenigen Gehminuten will mich der Park Marcinkowskiego zu einer Rast auf einer sonnigen Parkbank überreden und scheitert. Bin heiß auf die Altstadt, speichere das Areal aber als potentielle Asselplatzoption ab.
Park Marcinkowskiego, Poznan
Spaziergang durch Posen
bzw. Poznan
Die nächsten sonnenverwöhnten Sitzgelegenheiten am Plac Wolnosci überzeugen mich dann doch, einen Moment Wurzeln zu schlagen und die Atmosphäre zu genießen und zu realisieren, wo ich mich gerade befinde. Und so bin ich geistig unterwegs in einer Mischung aus dem hier und jetzt und der Vergangenheit. Lasse den Gedanken freien Lauf und fühle mich gut dabei. Nach einer Viertelstunde geht es auf Schusters Rappen weiter.
Plac Wolnosci (w)
Muzeum
Narodowe Poznan
(w)
- Nationalmuseum Poznan (würde mich interessieren aber ich hab´ja
keine Zeit)
Weiter geht´s
ins Herz der Altstadt, an den Marktplatz mit dem Rathaus in der Mitte.
Unterwegs im Herzen Poznans
Königsschloss - Zamek
Królewski (w)
Rathaus von hinten, Posen
Altstadt von Posen
Rathaus von Posen
Direkt gegenüber vom Rathaus gehe ich in eine Bank und ziehe mir Zlotys. Einen offenen Automaten zu benutzen kommt für mich generell auf gar keinen Fall (ich habe miese Erfahrungen in Madrid gesammelt letztes Jahr... ), schon gar nicht im Ausland, in Frage. Soweit so gut. Beim Verlassen des Kreditinstituts bringe ich das nicht nachahmenswerte Kunsstück fertig, mein Smartphone erst fulminant auf den Boden krachen zu lassen und dann auch noch mit dem Fuß wegzukicken. Vom hammerharten B-Jugend-Schuss ist etwas hängen geblieben. Zum Glück. In diesem Spezialfall jedoch leider. Puh, was für ein Glück, dass ich erst wenige Tage zuvor sogenanntes "Panzerglas" aufs Display geklebt habe. Die zehn Tacken haben sich schon jetzt mehr als gelohnt und mein Dank gilt der netten Verkäuferin im Paketshop daheim.
Stary Rynek und Rathusz,
Poznan
Auf einer sonnigen Bank raste ich und schaue mir alles ganz genau an: das Treiben und die Fassaden um mich herum. Schwelge in erstaunlich frisch aufpoppenden Erinnerungen und löse mich nach zehn Minuten wieder. Langsam geht es zurück zum Bahnhof.
Barocke Stifts- und Pfarrkirche
des Bischofs und Märtyrers Stanislaw, Posen
Im Inneren der Stifts-
und Pfarrkirche des Bischofs und Märtyrers Stanislaw, Posen
Fußgeherzone: alt
trifft neu in der Innenstadt von Poznan
Stylisher Straßenzug,
Poznan
Park Marcinkowskiego w
Poznaniu
Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich locker noch zehn Minuten im Park entspannen könnte. Ich entscheide mich dagegen, will einen zeitlichen Puffer und bloß keinen Stress mehr haben. Also hole ich überpünktlich meinen treuen Begleiter in Form der neuen Hüpferlitasche aus dem Schließfach und latsche zum Gleis. Kurz noch ein letzter prüfender Blick auf die Anzeigetafel und zack, schon sinken die Mundwinkel nach unten. Eine Stunde Verspätung wird angezeigt. So ein Mist. Jeder weiß, was ich von Mist halte. Den Bahnhof Richtung Parkbank zu verlassen traue ich mich nicht. Nicht, dass der Zug doch einen Tick eher eintrudelt und abfährt. Will auf Nummer sicher gehen und da die Bediensteten im IC-Reisecenter heute nicht irgendeiner Sprache außer polnisch mächtig sind kann ich auch nicht 100%ig sicherstellen, dass ich eine Stunde lang irgendwohin dackeln kann.
Der EIC 71002 hat eine
Stunde Verspätung, würg!
Die Stunde verdaddel ich mit snacken und Leute beobachten, dann rollt der Zug ein. Mit mir an Bord geht´s weiter gen Warschau, straight ostwärts. Der obligatorischen Platzreservierung wegen muss ich entgegen der Fahrtrichtung, dafür aber immerhin am Fenster, sitzen und lasse die eintönige platte Landschaft an meinen Augen vorüberziehen. Löblich finde ich den Service der PKP, dass IC-Fahrgästen am Platz ein kostenfreies alkoholfreies Getränk gereicht wird. Die kleine und damit unter nahezu jedem sich mir im weiteren Tripverlauf zeigenden Wasserhahn auffüllbare 0,5er Plastikflasche wird mir fortan hilfreich sein (im Bus von Krakau nach Bohumin wird sie mir, das nehme ich an dieser Stelle schmerzfrei vorweg, ersetzt werden).
Zwischenstop auf der Strecke
Poznan - Warszawa: nein, der Typ kommt nicht in den Genuss einer Hüpferli-Tasche,
auch wenn es mit assoziativer Wahrnehmung durchaus so ausschaut
Um 21:10h ist es dann endlich soweit, ich bin in Warschau und reibe mir auf dem Vorplatz des Bahnhofs Warszawa Centralna (w) angesichts der unerwartet plötzlichen Begegnung mit dem Wahrzeichen schlechthin, dem Dum Kultury, geflashed die Äuglein.
Bahnhof Warszawa Centralna
Bam, da ist das Ding -
gleich zur Begrüßung fährt Warschau das stärkste Geschütz
auf (nein, ich meine nicht die sich ins Bild geschlichene Tante!)!
Warschauer Bahnhofsgegend,
die ich zu gern vor 30 Jahren gesehen hätte - wahrscheinlich würde
mein Herz, gottlob nur sprichwörtlich zu verstehen, bei diesem Anblick
bluten
Nun gilt es, in diesem Wusel die Abfahrtstelle des Öffi-Busses zum Hotel Ibis Budget Warszawa Centrum zu finden. Taxi kann jeder? Taxi ist mir zu teuer. Die Kröten spare ich mir für andere Dinge. Und die 171 Richtung Torwar bringt mich auch ganz nah an meine Bude heran, für weniger als 4,- Zloty für den Einzelfahrschein. An der Haltestelle Gornoslaska (Öffi-Karte der Gegend) steige ich aus, sehe sofort den nicht verfehlbaren Carrefour Express der mir morgen ein guter Nahversorger sein wird und stehe wenige Minuten später vor der Rezeption.
Der Check In ist fix erledigt, Zimmercheck: typisch Ibis Budget möchte ich sagen. Funktional, steril und für kaum etwas anderes als einfach nur pennen geeignet. Und genau dafür halte ich mich in der Bude auf. Tagsüber bin ich eh unterwegs. Die Glotze hat sogar deutschsprachige Sender und das Wifi funktioniert tadellos. Gute Wahl. Besonders natürlich unter Berücksichtigung des bezahlten Preis.
Bude im Ibis Budget Warszawa
Centrum: absolut in Ordnung und der Frühbucher-Rate wegen unschlagbar
günstig (roundabout 20,-€ pro Nacht)!
Auch morgen soll das Wetter wieder bestens sein. Also verliere ich keine Zeit sondern reise nach einer Dusche und ein bischen RTL zügig ins Dreamland.