Venedig-Trip, Februar 2011
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Tag2
Ich erwache und schiebe die blickdichten Vorhänge zur Seite. Bingo: die Sonne scheint. Das wird ein schöner Tag. Ran an das Frühstück, dass für italienische Relationen wirklich gut ist und ab nach Venedig.
Blick aus dem Hotelzimmerfenster vom La Meridiana in Mogliano Veneto (VE)
Als erstes jedoch benötige ich die Fahrscheine. 1,85 Euro pro Exemplar. Drei Stück. Eines, um von MV nach VE SL und ein weiteres um am späten Abend wieder zurück zu kommen. Das dritte Exemplar für den Transfer nach Treviso am morgigen Tag. Ich äußere meinen bescheidenen Wunsch am Ticketschalter des Provinzbahnhofs und staune nicht schlecht, als mich die junge Frau hinter der Glasscheibe in fehlerfreiem Englisch und obendrein freundlich lächelnd bedient. Und das in Italien, in der Nähe Venedigs. Wer hätte das für möglich gehalten.
Warten auf den Zug nach Venezia am Gleis1 in Mogliano Veneto
Der Zug besteht aus seelenlos-neumodischen doppelstöckigen Triebwagen, in denen sich die Fenster selbstredend nicht nach unten drücken lassen. Hoffentlich erwische ich so ein Mistding nicht während meiner Rückfahrt.
... wie uncool!
In Venedig angekommen schlage ich eine halbe Stunde lang auf dem Bahnhofsvorplatz Wurzeln und genieße die Sonne.
Venedig, Bahnhofsvorplatz mit Canal Grande
Venezia, Hauptbahnhof Santa Lucia (VE SL; w)
Vom Venezianischen Hauptbahnhof schnappe ich mir das erstbeste den Canal Grande hinuntertuckernde Vaporetto und genieße die einzigartige Stadt, die sich längst seinen Platz in den Top Five meines Herzens erworben hat.
Mit dem Vaporetto unterwegs auf dem Canal Grande
Mit dem Vaporetto unterwegs auf dem Canal Grande
Mit dem Vaporetto unterwegs auf dem Canal Grande
Venedig von seiner ultimativen Schokoladenseite aus digital fotografiert
Der Ponte della Salute und zur rechten Hand die Einfahrt in den Canal Grande
Ich bin wiegesagt im Besitz einer noch bis morgen mittag gültigen Vaporetti-Flatrate, die es nun auszunutzen gilt. Entsprechend lasse ich mich kreuz und quer durch die faszinierende Lagunenstadt schippern und genieße Style und Atmosphäre dieses Weltwunders. Für mich ist Venedig eines.
Canal Grande, Blick gen Arsenal und Biennale
Venedig: Ponte die Rialto (w) von ihrer schönsten Seite
Nachdem ich von den Wasserstraßen Venedigs aus die wunderschöne Stadt teils aus mir bislang unbekannten Blickwinkeln bestaunen durfte, zieht es mich fort von den verglichen mit gestern wesentlich zahlreicheren Touristenströmen. Fort von den in jedem Reiseführer zu Recht angepriesenen Sehenswürdigkeiten in eine andere, authentisch-reale Welt. Auf die Isola della Giudecca (w). Um einen Eindruck vüm wahnsinnig intensiven Schiffs-, Boots, Vaporetto- und leider auch Kreuzfahrtsverkehr zu bekommen, solltest Du dir dieses Video (vid) definitiv nicht entgehen lassen.
An der Haltestelle Sacca Fisola (Stadtplan mit Giudecca) steige ich aus und latsche zu meiner venezianischen Lieblingsasselbank, auf der ich schon diverse Abende stylish verbracht habe und die ich nun zum ersten Mal im Tageslicht sehe.
Sacca Fisola, Venedig
Sieh an. Auch im Tageslicht weiß die perfekte venezianische Asselbank zu begeistern.
Sacca Fisola: die Asselbank Nummer Eins in Venedig wird von der Hüpferlitasche Nummer Eins weltweit in Beschlag genommen, Februar 2011
Was mich so sehr an Sacca Fisola begeistert, lässt sich fix auf den Punkt bringen. Diese Gegend ist real. Echt. Hier wohnen wahre Locals und das spürt man. Hierher verirren sich außer den Bewohnern des nahegelegenen Hilton Molino Stucky so gut wie keine Touristen. Außer Freaks wie mir, aber die passen sich nahtlos in das Gesamtbild ein und fallen nicht auf. Hier gibt es enge Hinterhöfe, auf denen die Bambini lärmend bolzen und schäbige mehrstöckige Wohnblöcke. Hier spürt man etwas vom Alltag der Einheimischen. Hier verspürt man eine natürliche Scheu beim Ziehen des Fotoapparats, hier gehen die Uhren langsamer. Hier gefällt es mir ausgezeichnet.
Sacca Fisola, Isola della Giudecca, Venezia
Typisches, echtes Wohngebiet in Venedig
Typisches, echtes Wohngebiet auf der Isola della Giudecca, unweit der Vaporettohaltestelle Sacca Fisola
Der ausgedehnte Spaziergang führt mich in den Westen, zu einem kleinen Hafengelände, das ich ganz für mich alleine habe. Ich setze mich auf ein Fischerboot und erfreue mich am Anblick der Lagune, der Sonne und der in Venedig durchaus anzutreffenden Einsamkeit. Habe den Platz, den Augenblick ganz für mich alleine und freue mich.
Blick auf die Lagune im Westen der Isola della Giudecca - das nenne ich authentisch und atmosphärisch dicht!
Auf dem Weg zurück zum Vaporetto-Anleger Sacca Fisola komme ich an einem stylishen Fussballplatz vorbei. Schade, dass hier gerade niemand kickt. Hätte derbe Bock, hier mal die Pille ins Tornetz zu dreschen.
Stylisher Fussballplatz auf der Isola della Giudecca, Venezia
Für die Kleinen - Spielplatz auf der Isola della Giudecca, Venezia
Zu Fuß unterwegs auf der Isola della Giudecca, Venezia
Von der Isola della Giudecca bringt mich das Vaporetto direct via Zattere zum Markusplatz. Morgen startet der weltweit berühmte Carnevale di Venezia (w). Das macht sich bemerkbar, klare Sache. Verglichen mit dem gestrigen Besuch in der Lagunenstadt ist wesentlich mehr los.
Venedig, Markusturm und Dogenpalast (w)
Venedig
Kollonade am Markusplatz
Detail des Dogenpalasts
Morgen steigt hier in Venedig also die große Karnevalsparty. Na super. Gut, dass ich morgen die Flatter mache. Auf eine dieser kitschigen Masken hätte ich Kulturbanause nicht mal Lust, wenn sie mir für lau angeboten werden würden. Die Dinger werden jedoch nicht für lau angeboten, sondern kosten richtig Asche. Dennoch gehen sie weck wie warme Semmeln. Jetzt hätte ich beinahe Wecken geschrieben.
Interessieren mich nicht die Bohne, die Teile!
Habe das touristische Tages-Pflichtpensum erfüllt und strebe nach Ruhe und Entspannung. Die "Always-Smile-Brücke" bietet beides, also hin da. Mit dem Wasserbus zum Lido. Da ich sehr gut in der Zeit bin und es noch ein paar Stunden hin sind bis zum Sonnenuntergang, latsche ich ein wenig durch den Ort und verlasse die bekannten Pfade.
Hauptstraße in Lido di Venezia, von der Wasserbushaltestelle zum Adriastrand hin fotografiert
Auf Schusters Rappen quer durch Lido di Venezia, Februar 2011
Auf Schusters Rappen quer durch Lido di Venezia, Februar 2011 - Fußgängerzone
Nach dem spartanischen Einkauf bei Billa geht es mit zwei 0,66er Bomben des meines Erachtens wohlschmeckendsten "italienischen" Gerstensaftes überhaupt aus dem Hause Forst (Test) aus Algund, Südtirol, ans Meer. Die Brücke wartet schon auf mich.
Die Brücke in ihrer vollen Pracht - der Macker auf halber Trepper ist ein alter Bekannter: bereits im November letzten Jahres suchte er den Adriastrand mit seinem Metalldetektor nach Fundstücken ab...
Ein weiterer alter Bekannter hält sich ebenfalls am Adriastrand auf...
Die Brücke in ihrer vollen Pracht
Blick von der Brücke, von einem meiner zahlreichen Lieblingsasselplätze, auf die Adria
Was soll ich schreiben, ohne mich großartig wiederholen zu müssen? Ich fühle mich pudelwohl und genieße den Moment, den Augenblick. Bleibe bis kurz nach Sonnenuntergang, fülle etliche Seiten und haue die beiden Bomben weg. Lege mir Mucke aufs Gehör und sinniere über die wesentlichen Dinge. Und über die irrelevanten Dinge. Kurzum: lasse eines dieser selten intensiven Brainstormings zu und bin einfach nur gut drauf.
Tomasz ist gut drauf und befolgt das Brückenmotto am Adriastrand
Nach Sonnenuntergang mache ich bekanntermaßen die große Biege, mit feuchten Augen verabschiede ich mich auf ungewisse Zeit von der das Gegenteil einfordernden Asselbrücke und ziehe von dannen, gen Vaporetto-Terminal. Unterwegs erstehe ich eine weitere Forst-Bombe, die ich schließlich und endlich auf der bekannten Bank in Sacca Fisola zische.
Auf den letzten Kilometern vom venezianischen Bahnhof nach Mogliano Veneto habe ich Zug-Glück. Auch heute ist der Waggon dermaßen oldschool, dass sich die Fenster nach unten drücken lassen. Bei den vertrauten Klängen meiner Wahl, die auf voller Lautstärke meine Trommelfelle massieren, lehne ich mich die "ne pas se pencher au dehors" - Hinweise ignorierend aus dem Fenster und lasse mir vom Fahrtwind die Matte stylen. Alles nur geil! Der Trip ist schon jetzt als absoluter Volltreffer zu verbuchen. Bingo, höre ich mich mir selbst hin und wieder zuraunzen.
Yeah! Punk! Habe ein ganzes (nebenbei bemerkt extrem stylishes) Abteil vollkommen für mich alleine!
In Mogliano Veneto angekommen stehe ich eine Weile höchst interessiert vor der Ankunfts- und Abfahrtstafel der Eisenbahn und präge mir etliche Verbindungen und Konstellationen ein. Kann nichts schaden. Zurück auf der Nobelbude, wieder setzt zwischenzeitlich leichter Niesel ein, sehe ich mir landestypischen Fernsehmüll an und reise glücklich und zufrieden ins Dreamland.