Kurztrip in den Iran
Esfahan/Isfahan und Tehran/Tehran
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Tag2: IKA Khomeini Airport - Isfahan/Esfahan

Morgens um vier Uhr sehe ich den vermeintlichen Fahrer des Hotels in Esfahan/Isfahan, der sich als Besitzer des Beherbungsbetriebs entpuppt und mich mit einem Pappschild mit der Aufschrift meines Namens lächelnd empfängt. Shakehands und ab zum Auto, dass sich als alter Bekannter entpuppt. Ein iranischer Nachbau des verehrten Peugeot 405s. Fühle mich sofort wohl. Wieso ich jetzt bonzenmäßig in einem PKW mit Fahrer statt in einem Bus sitze, ist leicht zu beantworten: der Initiative des Hotelbesitzers wegen. Es war seine Idee. Und dem aufgerufenen Preis in Verbindung mit der aus der bequemen Anreisemöglichkeit vom Flughafen Teherans nach Esfahan resultierenden Zeit- und auch Stressersparnis wegen konnte ich nicht anders, als dieses Angebot in die Schublade mit der Aufschrift "nicht ablehnbar" einzusortieren, die im Laufe der Jahre rappelvoll geworden ist. Gut 425km für 40,-$, da zögert man nicht lange. Auch ich nicht. Dazu muss man wissen, dass der Imam Khomeini Airport derzeit noch vor den Toren des Molochs Teheran liegt und über keinen Metroanschluss verfügt. Es verkehren aber Öffi-Busse zur Metrostation namens "Haram Metro" am Khomeini Schrein (w) in Behesht-e Zahra, zumindest tagsüber. Von dort könnte man dann mit der Metro weiter stadteinwärts gelangen. Nachts fahren die Busse naturgemäß selten und so hätte ich mit einem Taxi in die Hauptstadt, zum Busbahnhof Argentina fahren und dort ein Ticket für den Bus nach Esfahan lösen müssen. Abgesehen davon, dass ich als absoluter Frischling so gut wie keine Ahnung davon gehabt hätte, wie was läuft und wieviel was kostet und überhaupt, ich hätte locker acht-neun-zehn Stunden gebraucht von der Ankunft am Flughafen bis zu der in Esfahan. Und kaum Kohle gespart. Der iranische Engländer im Flugzeug vorhin fand den Deal übrigens auch sensationell gut und überaus fair, also muss ich mich nicht schuldig fühlen während des Ritts nach Isfahan. Jedenfalls nicht mir gegenüber. Eher gegenüber dem netten Hotelbesitzer, der hundemüde ist und an einem Rasthof anhält um sich zu erfrischen. Ich komme mit. Hier ist rund um die Uhr mächtig Betrieb. Eine 1,5L-Flasche Mineralwasser kostet im Rasthof-Shop umgerechnet 0,12€. Das Preisniveau im Iran und ich werden sicher auf Anhieb gute Freunde. Und die Locals und ich, wenn es so weitergeht, ebenfalls. An einem Nougatstand steht ein freundlicher, metrosexuell aussehender (die Locals hier kleiden sich soweit es geht wie die trendigsten Hippster überhaupt und Haargelfabrikanten haben definitiv sichere Einkünfte) Jüngling, der meine Air Max verdammt cool findet. Und mir Kostproben seiner Süßigkeiten anbietet. Kaufen brauche ich nichts. Versichert mir mein Chauffeur und Dach-über-dem-Kopf-Bieter in Personalunion. "Welcome to Iran!" tönt es aus alleine während des kurzen Stopps an der Raststätte locker zehn verschiedenen Kehlen.

Die Autobahn ist der Knaller und könnte auch gegen die serbische oder ungarische konkurrieren. Dazu ist diese hier bis Qom beleuchtet. Erinnerungen an Belgien werden wach, nur ist dort die Oberflächenbeschaffenheit wesentlich mieser, um nicht zu sagen: abgefuckter.

Der Hotellier und ich halten uns gegenseitig wach, erzählen von Reisen, Hobbies und Familie. Keine Politik, keine Religion. Irgendwann fallen mir die Augen zu. Als ich erwache, vermisse ich das Brummen des Motors. Die Erklärung: wir parken am Fahrbahnrand, hinter einer Mautstation. Die Sonne ist längst aufgegangen und ich muss schiffen. Vorsichtig schäle ich mich aus dem Peugeot-Sitz, öffne so leise wie möglich die Tür, lehne diese wieder an und schleiche von dannen. Die Mautstation interessiert mich genauso wie die Moschee mit integriertem Klo und Waschräumen. Mich wundert, dass ich hier einfach so herumlatschen kann, ohne komisch angegafft zu werden. Na ja, die Leute hier haben andere Sorgen und wahrscheinlich falle ich deutscher Heinz deshalb einfach gar nicht ins Auge.

Zwischenstopp auf dem Weg vom Teheraner Flughafen (IKA) nach Esfahan
Zwischenstopp auf dem Weg vom Teheraner Flughafen (IKA) nach Esfahan
Zwischenstopp auf dem Weg vom Teheraner Flughafen (IKA) nach Esfahan
Zwischenstopp an einer Mautstelle, auf dem Weg vom Teheraner Flughafen (IKA) nach Esfahan
Klo, Waschraum und Moschee an einer Mautstation der Autobahn von Teheran nach Esfahan
Klo, Waschraum und Moschee an einer Mautstation der Autobahn von Teheran nach Esfahan
Zwischenstopp an einer Mautstelle, auf dem Weg vom Teheraner Flughafen (IKA) nach Esfahan
Zwischenstopp an einer Mautstelle, auf dem Weg vom Teheraner Flughafen (IKA) nach Esfahan

Nach einer halben Stunde ist der Fahrer wach und winkt mich heran. Er entschuldigt sich für den unaufschiebbaren Penn-Break und ich sage, dass er notfalls noch einen machen soll. Hauptsache wir kommen heil und sicher in seiner Unterkunft, dem Hasht Behesht Appartment Hotel (Bewertungen) in Isfahan an. Nach insgesamt sechs Stunden ist es dann auch soweit, wir sind da. Ich checke ein und bin mit dem Appartment schon auf den ersten Blick hochzufrieden. Geräumig, sauber und gepflegt. Der TV hat sogar einen deutschen Sender, DW auf englisch parat. Nur kacke, dass sich deren Programm gefühlt alle zwei Stunden wiederholt. Dazu steht mir eine Küche zur Verfügung, die ich nicht nutzen werde. Das Bad ist okay und der im Übernachtungspreis von 20,-$ pro Nacht inkludierte Wlan-Anschluss schnell genug, um mit Hannover zu skypen. Doch zunächst will und muss ich nur eins: schlafen! Und zwar schnell, die Entdeckung Isfahans (w) wartet! Und während der kurzen Zeit in der Parallelwelt zwischen Erde und Dreamland bemerke ich den einizig negativ zu bewertenden Kritikpunkt an diesem Hotel: die miserable Schallisolierung und die lausige Verglasung. Fast so laut wie damals in Porto, Februar 2007 eigener Bericht). Geschieht auf der Straße eine Vollbremsung so fürchtet man im Schlaf, überfahren zu werden. True Story.

Appartment im Hasht Behesht, Isfahan, Iran
Appartment im Hasht Behesht, Isfahan, Iran
Appartment im Hasht Behesht, Isfahan, Iran
Appartment im Hasht Behesht, Isfahan, Iran

Nach zwei Stunden Tiefschlaf auf Knopfdruck sind es die Hummeln im Arsch, die mich sofort nach dem Erwachen senkrecht im Bett stehen lassen. Nach wenigen Minuten bin ich startklar und taper an die Rezeption, um zwanzig Dollar gegen Rials zu tauschen. Bei Preisangaben muss man übrigens zwischen der Summe in Rial und Tomar unterscheiden. Das ganze ist recht kompliziert, bei mir hat es ein halben Tag gedauert, ehe ich den Bogen raus und die Wechseltabelle im Kopf hatte. Zum Zeitpunkt meines Besuchs im Iran bekomme ich übrigens sage und schreibe 41.000 Rial für einen Euro. Des einen (ich) Freud, des anderen (Locals) Leid. So ist es nunmal. Hier auf Wikipedia gibts es Details zu der iranischen Währung. Während des Tauschvorgangs taucht ein niederländischer Backpacker auf und startet das gute alte Frage-Antwort-, das Woher-Wohin-Spiel. Der Typ scheint ganz cool drauf zu sein und ist schon seit drei Tagen hier. Kennt sich also aus. Will die Stadt aber selbst und unbeeinflusst entdecken und verzichte auf seine Stadtführung, nicht ohne mich zu bedanken und die Gründe für meine Ablehnung darzulegen. Er versteht das und gut ist. Na dann, mit einer Hosentasche voll iranischer Rials und fotobereitem Iphone latsche ich einfach mal los, am frühen Nachmittag. Isfahan (Video), ich komme!

Mein erstes Ziel ist die Sehenswürdigkeit Nummer eins, die Sheikh Lotfollah Moschee am Imam Square (Meidan Emam), dem größten Platz der Erde mit seinen 500m Länge(!). Von dort aus will ich mich einfach nur treiben lassen und Styles und Atmosphäre dieser geschichtsträchtigen Großstadt tief in mich aufnehmen und abspeichern.

Umgebung des Hotels Hasht Behesht, Isfahan
Umgebung des Hotels Hasht Behesht, Isfahan

Kaum aus dem Hotel herausgestolpert werde ich mit einer Eigenart iranischer Städte bezogen aufs Shopping konfrontiert: den obligatorischen homogenen Einkaufsgebieten für spezielle Güter gleicher Warengruppe. In der einen Straße werden Möbel, in der anderen Klamotten und dort hinten ausschließlich Elektroartikel vertickt. Es gibt Straßen voller Handyshops und welche voller Candyshops. In dem einen Viertel gibt es Brillen, in dem anderen Fotoapparate. Vorteil des Systems, angenommen Du brauchst beispielsweise eine Rohrzange(wie komme ich bloß ausgerechnet auf eine Rohrzange?): Du brauchst nicht quer durch die Stadt zu eiern, sondern nur rund um einen Block (den Werkzeug-Block sozusagen). Nachteil: bummeln ist nicht möglich (es sei denn Du bist Bob der Baumeister), sofern Du dich zufällig gerade im Werkzeugblock befindest und zwei linke Hände hast. In der Gegend um meine Bleibe gibt es außer einer Menge Möbelläden zum Glück auch zwei kleine Lebensmittelhöker, bei denen ich mich mit Mineralwasser iranischen Ursprungs (köstlich!) versorge und weiterlatsche. Zugegebenermaßen geflashed angesichts der imaginären, auf der Weltkarte blinkenden LED.

Zu Fuß unterwegs in Isfahan
Zu Fuß unterwegs in Isfahan

Zu Fuß unterwegs in Isfahan

Ba-Bam, da ist er, der Imam Platz. In der Tat riesig und atemberaubend schön! Erstmal hinsetzen, versuchen, jedes Detail einzufangen. Was unmöglich ist bei der facettenreichen Schönheit dieses Ortes. Ich bin überwältigt, begeistert, euphorisiert. Und stolz darauf, trotz aller nicht nur vermeintlichen Widrigkeiten hier sein zu dürfen. Eine Viertelstunde lang schlage ich, um Fassung ringend und mit weit geöffneten Augen, Wurzeln und genieße den Moment. Ehe ich mir die Eintrittskarte für den Zugang in die Moschee besorge.

Während ich vor dem Ticket-Kabuff warte, werde ich angesprochen. Der Teppichverkäufer beherrscht eine Menge Sprachen. Größtenteils rudimentär, aber immerhin: smalltalken kann er auf englisch, deutsch, niederländisch, spanisch, italienisch, französisch und russisch. Wäre ich Besitzer eines internationalen Hotels, ich würde ihn vom Fleck weg für meine Rezeption verpflichten. Die meisten Touristen stammen seinen Angaben nach aus Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden. Jedenfalls in den letzten Jahren, in denen die Besucherzahlen stark rückläufig sind und an denen er schwer zu knabbern hat. Mit einem Teppich oder sonstigem Gedöns kann nichts anfangen, das sage ich ihm offen und ehrlich. Ist okay. Auf einen Tee lädt er mich dennoch in Anschluss an meine Besichtigung der Moschee ein. Dieser folge ich jedoch nicht.

Souvenirbuden am Imam-Platz
Souvenirbuden am Imam-Platz

Souvenirbuden am Imam-Platz
Meida-n-e Ema-m, "Platz des Imams" (w)
Meidan e Emam, "Platz des Imams" (w)
Masdsched-e-Sheich Lotfollah, Scheich-Lotfollah-Moschee
Masdsched-e-Sheich Lotfollah, Scheich-Lotfollah-Moschee
Masdsched-e-Sheich Lotfollah, Scheich-Lotfollah-Moschee
Masdsched-e-Sheich Lotfollah, Scheich-Lotfollah-Moschee: Deckenmosaik

Während ich mir, sichtlich begeistert, die Mosaiken ansehe, werde ich angesprochen. Ein Pulk Bauarbeiter -äh- Restaurierer wagt sich an mich heran und will wissen, wo ich herkomme und wie ich Isfahan und den Iran so finde. Ich antworte offen und ehrlich, und zwar dass ich gerade erst angekommen und spontan begeistert bin. Die Jungs können kaum englisch und ich kein persisch, also hat die folgende Unterhaltung keinen Tiefgang. Keinen Tiefgang? Geht so. Ich merke deutlich, dass meine Herkunft und mein erstes Plädoyer gefallen. Ebenso wie einer der ehemaligen Führer Deutschlands. Bin nicht zum Diskutieren hier (keine Politik, keine Religion) und nehme die persische Gastfreundschaft, mir einen Tee zu spendieren und wohlwollend auf die Schulter zu klopfen (bitte nicht alle gleichzeitig!), an. Einer der Typen will sich nach Feierabend mit mir treffen. Leider bin ich schon auf dem Sprung. Sage ich. Sorry, aber bei einer so kurzen Aufenthaltszeit kann ich wahrlich nicht jedes Date, jede Einladung (und sei es auch nur auf einen Tee) annehmen. Ich weiß schon jetzt, am ersten Tag, dass ich viel zu wenig Zeit habe um dieses riesige, kulturell und landschaftlich beeindruckende Land auch nur ansatzweise gebührend kennenzulernen. Nein, ich bekomme keine Kohle vom Iranischen Fremdenverkehrsamt (gibt es ein solches überhaupt?), das ist der nach wenigen Stunden gewonnene subjektive Eindruck.

Masdsched-e-Sheich Lotfollah, Scheich-Lotfollah-Moschee: Innenhof
Masdsched-e-Sheich Lotfollah, Scheich-Lotfollah-Moschee: Innenhof gen Süden
Masdsched-e-Sheich Lotfollah, Scheich-Lotfollah-Moschee: Innenhof
Masdsched-e-Sheich Lotfollah, Scheich-Lotfollah-Moschee: Innenhof gen Norden'
Isfahan, Imamplatz
Isfahan, Imamplatz

Auch in Isfahan gibt es aufs Bettelei gedrillte und anscheinend, dummer und nicht vorausschaund sondern nur bequem denkender Touris wegen vorhandene Kindergangs. Ich sitze mit Blick über den Imamplatz wurzelnschlagend herum, als nacheinander eins-zwei-drei-vier Mädchen im Alter zwischen vier und neun Jahren (geschätzt) auftauchen und mir bunte Zettelchen entgegenstrecken. Sicher keine Willkommensgrüße oder Rabattmarken für den um die Ecke befindlichen Tante Emma Laden. Zeitungen zu Konfetti verarbeiten kann ich selbst. Also lehne ich ab und ernte ein Gewitter übelst verstimmt vorgetragener Flüche. Diese klingen aus Kindemund doppelt bedenklich. Nichts wie weg. Natürlich, ohne einen einzigen Rial zu geben. Wehret den Anfängen, die ansonsten lieben Kleinen sollen sich besser der Bildung widmen und dürfen keinesfalls mehr verdienen, als Erwerbstätige mit Gegenleistung.

Isfahan, Imamplatz
Isfahan, Imamplatz: Eingang zum Bazar
Isfahan, Imamplatz
Isfahan, Imamplatz
Isfahan: Großer Basar
Isfahan: Großer Basar

Im labyrinthartig gebauten Basar verlaufe ich mich. Absichtlich. Will meinen zwischenzeitlich immer lauter knurrenden Magen verwöhnen und lande auf diese Weise in einem kleinen landestypischen Grillimbiss. Es gibt Fleisch-Spieße, eingewickelt bzw. abgestrichen in dünnem Fladenbrot. Abhängig von der Anzahl der reingedrückten Spieße steigt der Preis. Die Locals an den Tischen im Laden haben, sofern mein Adlerauge es korrekt erkennt jeweils zwischen zwei und vier Portionen Fleisch auf dem Teller. Also nehme ich ebenfalls, richtig erraten, vier. Dazu Ayran, auf iranisch "Dugh" (w). Die iranische Version des Joghurt-Drinks schmeckt mir übrigens noch besser als die türkische. Und das will was heißen. Nach einem zweiten Dugh und einer Extraportion "Cacik" zahle ich weniger als 1,5€ und der Grillexperte freut sich sichtlich über mein Lob. Natürlich will auch er wissen, woher ich komme und goutiert diese Info, zusammen mit zwei Gästen, mit einem gepflegten Hitlergruß. Wiegesagt, meinerseits gilt auf diesem Trip keineswegs das Motto "No risk, no fun!" sondern "keine Politik, keine Religion!".

Der schwarze Tee im Anschluss an die kurze Unterhaltung geht aufs Haus. Lächelnd und winkend werde ich verabschiedet.


Ja, geil, da ist sie: meine erste Begegnung mit einer iranischen Imbissbude -der Mampf ist einfach nur lechz, mir läuft noch heute beim Verfassen dieser Zeilen das Wasser im Munde zusammen!

Mit gefülltem Magen, ich nehme an dieser Stelle vorweg dass ich die iranischen Speisen selbst aus einfachsten Etablissements stets astrein vertrage, latsche ich stadtauswärts und komme in das armenische Viertel. Von hier aus peile ich Pie mal Daumen den Busbahnhof der Stadt an, um schon mal ein Ticket für die Übermorgen anstehende Busfahrt nach Teheran zu erwerben.

Unterwegs auf Schusters Rappen, Isfahan, Iran
Unterwegs auf Schusters Rappen, Isfahan, Iran
Unterwegs auf Schusters Rappen, Isfahan, Iran
Unterwegs auf Schusters Rappen, Isfahan, Iran

Das Gelatsche zum Busbahnhof zieht sich hin. Unterwegs habe ich tierisch Bock auf eine in dieser Stadt abgefüllte Cola und betrete einen Mini-Shop. Ich hätte es beim Betreten wissen müssen: hier werde ich abgezogen. Ja, auch das Abziehen unschuldiger Touris findet im Iran statt. So wie von diesem (optisch metrosexuellen) Jüngling, der mir für eine 0,3l Cola 0,5€ berechnet. Allerdings finden Abziehereihen äußerst selten und schon gar nicht nach kurzem Smalltalk statt. Generell sind die Einheimischen extrem korrekt und weisen teilweise sogar die Bezahlung der in Anspruch genommenen Leistungen und Güter vehement ab.

Nach einer guten Stunde erreiche ich, vom Zentrum Isfahans aus kommend, den Busbahnhof und suche nach dem Schalter des angeblich komfortabelsten Busunternehmens für die Strecke Isfahan - Teheran, welches VIP heißt.


Der Iran: nicht nur für mich als glühenden Peugeot 405 (w) -Anhänger das richtige Fleckchen Erde...

Bei allen Lobpreisungen auf das persische Volk, seine Gastfreundschaft und seine hervorragende Küche darf ich nicht verschweigen, dass man es hier und da mit anscheinend hirnamputierten Affen zu tun hat. So dauert es locker eine geschlagene Stunde, bis ich den Busfahrschein für Übermorgen in meinen Flossen halte und alles hieb- und stichfest in trockenen Tüchern ist. Die Deppen machen jeden Tag das Gleiche und haben trotzdem keine Ahnung. Ich fasse es nicht. Für diese Interaktion sind übrigens sage und schreibe fünf verschiedene Mitarbeiter des Busunternehmens von Nöten. Der Ritt kostet, diese Info will ich natürlich nicht vorenthalten, knapp 13,-€. Für gut 430km ein sicherlich fairer Preis, zumal in dem Reisebus Liegesitze installiert sind und Verpflegung, zum Beispiel Wasser bis zum Abwinken, geboten wird.

Nachdem ich also den Fahrschein schon ergattert habe, streuner ich zurück Richtung Zentrum und nehme, anfangs zähneknirschend, die Dienste eines Gelegenheits-Taxifahrers in Anspruch. Steige ein und dirigiere ihn und seinen Paykan per Hand. Beim Aussteigen habe ich den Salat, nämlich keine Ahnung, was so ein 5km-Service circa kostet. Ich gebe, die Erinnerungen an Kairo sind plötzlich da, spontan einen US-Dollar. Sieh an, der Fahrer ist zufrieden und fragt nach meiner Nationalität. Prompt ernte ich ein weiteres Lächeln samt Hitlergruß zur Verabschiedung.

In einem Stadion versuche ich herauszufinden, ob heute oder morgen ein Fussballspiel stattfindet. Nach wenigen Minuten sitzen der Manager des Clubs aus Isfahan und ich mit einem Slovnik "Englisch-Persisch" auf dem Schoß im Empfangszimmer, trinken Tee und sabbeln. Wie immer gilt auch hier das Motto: keine Politik, keine Religion. Der Lieblingsverein meines Gegenübers ist übrigens Bayern München und er "liebt" Franz Beckenbauer. Endlich mal kein Adolf.

Mehrzweckstadion in Isfahan
Mehrzweckstadion in Isfahan

Auf dem Weg vom Stadion zum Hotel kehre ich in einem Park ein und ziehe mir einen schwarzen Tee von einer Bude. Bezahlen darf ich nicht, dafür aber die neugierigen Fragen eines Studenten beantworten. Dieser fragt sich, wie man in Europa, besonders in Deutschland, wohl Frauen kennenlernen könnte. Ich versuche, ihm das typisch deutsche Balzverhalten näher zu bringen und erfahre im Gegenzug einiges über die landestypische, lokale Vorgehensweise. Details spare ich an dieser Stelle aus. Fakt ist, dass wir gegenseitig unsere Horizonte erweitern und eine Stunde versacken.


Tschehel Sotun, Isfahan
Tschehel Sotun (w)

Schnell ist die Stunde der extrem interessanten Unterhaltung um und ich latsche zurück auf mein Zimmer. Mache mich frisch, besuche das Klo und latsche ins Handy-Viertel.

Isfahan at night
Isfahan at night
Isfahan at night
Isfahan at night

Mein Ziel ist der nachmittags erspähte Apple-Shop. Dort lege ich mein Iphone 4S auf die Theke und tippe auf das seit meinem nächtlichen Walk über die Start- und Landebahn von Gibraltar vorhandene Rückseitenmosaik. Ich soll das Gerät da lassen und in einer Stunde wieder kommen. Die Standard-Reparatur nach Apple-Richtlinien und mit Original-Teilen (zwecks Erhaltung der Garantieansprüche) würde knapp 20,- € kosten. Sauber! In Deutschland sind hierfür gut und gerne 150,- Tacken fällig. Nach exakt einer Stunde, in der ich mir an einem nahegelegenen Saft-Stand einen halben Liter frisch gepressten Orangensaft sowie einen halben Liter Karotten-Zitronen-Saft im Verhältnis 90 zu 10 reinziehe (insgesamt ein Euro ist dafür zu entrichten), stehe ich wie verabredet im Isfahaner Apple-Store und nehme mein restauriertes Iphone in Empfang. Gute Arbeit, Leute!

Die Vitaminschelle gibt mir einen Energieschub und ich latsche nochmal ans ausgetrocknete Flussbett. Dort entdecke ich ein Hinweisschild, dass mir die Existenz einer Seilbahn verkündet. Den Namen merke ich mir. Morgen geht es, sofern die Seilbahn tatsächlich in Betrieb sein sollte, in die Berge. Jippieh!

Auf dem Weg zurück zum Hotel gönne ich mir einen 0,3L-Becher frischgepressten Granatapfelsaft und komme mit den Angestellten ins Gespräch. Deutschland ist natürlich schwerst beliebt und ich erwidere die Sympathie. Die Unterhaltung droht ins Politische abzudriften doch ich bekomme im Anschluss nach der Frage eines landestypischen Imbisses, auf meinen nach all den Fruchtsäuren wie bestellt grummelnden Magen, schnell den Notausgang. Ehe es zu sehr ans Eingemachte geht.

Auf dem Weg zur Bude komme ich an einem Fernsehfritzen vorbei, der coole Röhrengeräte feilbietet. Hier werde ich mich in Zukunft versorgen können. Ich bin ein Fan der Röhrenfernseher und werde es auch bleiben!

Auch in Isfahan, dort wo die Fernseh-Fritzen ihr Handwerk verstehen, sind Röhrengeräte noch immer stark gefragt!
Auch in Isfahan, dort wo die Fernseh-Fritzen ihr Handwerk verstehen, sind Röhrengeräte noch immer stark gefragt!

Im Imbiss, keine 500m vom Hotel entfernt, gibt es einen mittels Vorhang abtrennbaren Teil, in dem ein paar verschleierte Frauen mampfen. Kaum betrete ich den Laden, wird der Vorhang zugezogen. Innerhalb weniger Minuten zieht sich der Vorhang jedoch wie von Geisterhand wieder zurück und drei Paar dunkle Augen starren mich abwechselnd an. Die Damen kichern und finden mich anscheinend recht interessant. Dem Betreiber des Ladens ist dies sichtbar unangenehm. Er flucht vor sich hin, schüttelt den Kopf, schließt den Vorhang erneut und bedient mich dann unerwarteterweise lächelnd, nahezu entschuldigend. Die zweite Zam-Zam soll aufs Haus gehen. Ich lehne dreifach hintereinander dankend ab und darf schließlich und endlich den voillen, regulären Preis bezahlen. Meine Fresse, was für ein geiles Essen, was für eine geniale Cola, welch erlesene Gewürze und Marinaden. Die iranische Küche und ich sind sofort Freunde.

Die iranische Imbiss-Kultur und ich sind innerhalb eines Tages dicke Freunde geworden!
Die iranische Imbiss-Kultur, die vor Ort abgefüllte Cola (Zam-Zam, hier kommt das Getränk her) und ich sind innerhalb eines Tages dicke Freunde geworden - mal ehrlich, leckerer geht´s nicht!

Nach dem Abendessen ziehe ich mir einen weiteren frischgepressten Karottensaft bei der Bude rein und latsche zum Hotel. Skype mit meiner besseren Hälfte, schaue DW und reise gegen 22:30h ins Dreamland.

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