Kurztrip in den
Iran
Esfahan/Isfahan und Tehran/Tehran
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Tag3: Isfahan aka Esfahan
Das Frühstück kostet zwei verschmerzbare Euro extra und bereitet einen guten Start in den Tag. Nach einer ausgiebigen Dusche im Bad mit den magischen Fliesen zieht es mich zur Stadt hinaus. Magische Fliesen? Ja, magische Fliesen. Diese werden mangels Duschvorhang klitschnass, sind aber dennoch ohne jegliche Belüftung oder so nach nur einer Stunde wieder furztrocken. Bereits gestern stellte ich mir die Frage, wie sowas möglich sein kann.
Frühstück, auf dem Hotelzimmer in Esfahan serviert und jeden der
beiden Euro wert!
Ein ganzer Batzen Kohle
und ein alter Bekannter: perfekte Begleitung in Esfahan aka Isfahan
Mein erster Anlaufpunkt auf dem Weg zum Flussufer ist der gestern gegenüber des Apple-Shops erspähte Saftladen. Vom Geschmackerlebnis verzückt schütte ich 0,4L Karottensaft mit einem Spritzer Zitrone, 0,5L Orangensaft und final 0,3L Granatapfelsaft in mich herein. Alles natürlich frisch, ungezuckert und vor meinen Augen gepresst. Zahle dafür insgesamt 1,20€ und schwebe, nachdem ich jedes einzelne Getränk gebührend genossen und das Stadtleben um mich herum hochinteressiert beäugt habe, vitamingeflashed weiter. Ach und ehe ich es vergesse: irrtümlicherweise zahle ich zuviel und latsche davon, da ich kein Wechselgeld erwarte. Der Saftladenbesitzer sprintet mir hinterher, reicht mir die Kohle (einen guten Euro!) und verabschiedet sich mit einem gepflegten, diskutablem Gruß. Auf den ich an dieser Stelle nicht näher eingehe. Keine Politik, keine Religion!
Isfahan: in dem Apple-Store gegenüber wurde gestern Abend mein 4S repariert
Am wichtigsten Fluss der Stadt, dem Zayandeh Rud, erschrecke ich mich. Kacke, kein Wasser vorhanden. Würde gern baden. Wäre eh verboten gewesen. Sogesehen egal. Dennoch doof. Die 33-Bogen-Brücke aka Si-o-se Pol würde sicher noch mehr gefallen, wenn der Fluss Wasser führen würde.
Zayandeh Rud (w):
Baden/Schwimmen verboten!
Esfahan/Isfahan: ausgetrockneter Fluss (Zayande Rud)
Si-o-se Pol
Die gut erhaltene
und bestens in Schuss gehaltene Brücke ist definitiv eine der wichtigsten
Sehenswürdigkeiten Isfahans und auch bei den Einheimischen schwer beliebt,
und zwar als Flaniermeile. "Sehen und gesehen werden" findet hier
statt. Abhängen und chillen auch. Und so lasse ich das Gesamtpaket auf
mich wirken und beäuge dezent aber aufmerksam alles um mich herum.
Isfahan (Iran): Si-o-se Pol
Auf dem Nordufer des Flussbetts findet reges, geschäftiges Treiben statt. Shoppen, essen und Kaffee trinken stehen ganz oben auf der Liste der Lieblingsbeschäftigungen der Leute um mich herum. Ich mache es Ihnen gleich und beehre eine Fastfoodbude, in der ich mit der guten alten, türkeierprobten Methode (gucken, was die anderen im Lokal auf dem Teller haben, das optisch vielversprechendste herauspicken und mit dem Finger darauf zeigen, wenn der Typ an der Kasse/der Ober nach meinem Wunsch fragt) das Menü meiner Wahl bestelle. In diesem Fall ist das eine Art gerollter Döner. Dazu das ayranartige Dough und Zam-Zam, so läßt´s sich leben. Nach dem leckeren und wie üblich preiswerten Mittagessen nehme ich noch eine Flasche Dough auf die Hand und mache einen Verdauungsspaziergang zurück an den imaginären Fluss.
Isfahan (Iran)
Isfahan (Iran): Promenade
am Zayandeh Rud
Isfahan (Iran): Promenade
am Zayandeh Rud, Blick aufs ausgetrocknete Flussbett und die berühmte
33-Bogen-Brücke namens Si-o-se Po
l
Isfahan (Iran): Promenade
am Zayandeh Rud, Blick aufs ausgetrocknete Flussbett
und niedliche Tretboote, mit deren Besitzer ich aktuell kaum tauschen möchte
Lechz: Dough!
Auf dem Weg vom ausgetrockneten Flussbett zurück ins Zentrum, wo ich ein Taxi abzugreifen gedenke, komme ich zufälligerweise am Museum der Märtyrer vorbei. Nichts wie rein da, die Ausstellung interessiert mich sehr. Wider Erwarten darf ich das Museum ohne Auflage jeglicher Beschränkungen für lau betreten. Klar werde ich gefragt, wo ich herkomme. Klar auch, dass mein Geburtsland gefällt. Weniger klar war mir, dass ich in dem Museum so frei herumlatschen und mir beim Betrachten der Exponate alle Zeit der Welt lassen darf. Die Visite ist sehr interessant. Zunächst befremdlich, klar, aber auf jeden Fall horizonterweiternd. Und das soll Reisen ja auch schließlich sein.
Museum der Märtyrer aka Martyrs Museum, Isfahan/Esfahan, Iran
Isfahan/Esfahan, Stadtszene
Isfahan/Esfahan, Bazar
Nonar
Mitten in Isfahan befindet sich ein Bazar namens Nonar oder Honar oder so. Gleich um die Ecke gibt es einen schönen Park und offensichtlich eine Bildungseinrichtung für junge Erwachsene. Diese jungen Erwachsenen stromern durch den Park und bieten mir in diesen Gefilden für meine Augen ungewohnte Anblicke. Liebespaare, die Hand in Hand gehen und geschlechterspezifisch gemischte Gruppen zum Beispiel. Hätte ich kaum für möglich gehalten.
Hand in Hand in Esfahan, in der Kombination "Mann-Frau" bislang
im Iran noch nicht gesehen
Gepflegter (wie alle anderen
Grünanlagen auch) Park in Esfahan
Wie schon erwähnt stolperte ich gestern nahezu über einen Wegweiser zum Sofe Mountain Park, auf dem symbolisch auf eine Seilbahn hingewiesen wird. Dort will ich hin. Zu Fuß ist es zu weit, also stoppe ich ein Taxi. Der Fahrer versteht mich nicht. Also zeige ich durch die Windschutzscheibe auf den Hausberg Isfahans und wiederhole mantramäßig den Namen der Destination: "Sofe Park". Plötzlich rafft er, wohin ich will und heizt los. Ich wäre anders gefahren als er, routentechnisch, aber wer ist hier der Taxifahrer? Wer wohnt hier? Ich lasse ihn also, innerlich kopfschüttelnd gewähren und schätze schon mal groß, mit wieviel Rial dieser Ritt wohl einigermaßen adäquat zu entlohnen sein könnte.
Hausberg von Es- bzw. Isfahan,
Iran
Ich zahle 50.000 Rial und der Preis ist okay. Schlendere durch den Sofe Park zur Kabinenbahn und erwerbe ein Returnticket. Der Fahrkartenverkäufer spricht englisch. Nach einer interessanten Unterhaltung setze ich mich in die Gondel und gleite hinauf in die Bergwelt.
Talstation der Kabinenseilbahn
im Sofe Park, Isfahan
Ticket für die Kabinenseilbahn
im Sofe Park, Isfahan
Talstation der Kabinenseilbahn
im Sofe Park, Isfahan
Talstation der Kabinenseilbahn
im Sofe Park, im Hintergrund Vororte Isfahans
Hausberg Es- bzw. Isfahans,
Iran
Isfahan/Esfahan, Iran
Die Endstation ist nur zwischenzeitlich als solche zu bezeichnen. Zukünftig wird die Seilbahn bis ganz nach oben, auf den Hausberg hinauf, führen. Vorerst ist auf einem mittleren Plateau Schluss. Von hier aus kann ich zwar die Bergwelt, nicht aber einen Ausblick auf Isfahan/Esfahan genießen. Trotzdem ist es schön hier oben. Schön und frisch. Schaue mir zunächst ganz genau die Umgebung an, schlage dann Wurzeln und fülle Seiten. Klopfe mir selbst auf die Schulter und murmel zufrieden "Bingo!".
Endstation der Seilbahn
im Sofe Park, Esfahan, Iran
In den Bergen bei Esfahan,
wie an so vielen Orten in der Stadt gibt es auch hier überdachte, pavillonartige
Plätze für das gemeinsame Picknick im Freien, welches unter den
Locals weit verbreitet ist und einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert
zu haben scheint
Endstation der Seilbahn
im Sofe Park, Esfahan, Iran: demnächst (sofern die BAuarbeiten wieder
aufgenommen werden) kann man hier umsteigen und noch höher hinauf und
dann auch den Blick über die Großstadt schweifen lassen
Restaurant bei der Bergstation,
Isfahan
Hier ist zwar nur eine
zu sehen, aber es sind unerwartet viele Wanderer und (verschleierte) Wandererinnen
unterwegs, teils in beachtlichem Tempo das ich keineswegs mitgehen könnte...
Der eisige Wind pfeift mir um die Ohren und die Sonne versteckt sich hinter einem Hang. In T-Shirt und Fleecejacke fange ich an zu bibbern und beende den Aufenthalt in den Bergen. Während der Talfahrt genieße ich den Blick auf Esfahan, unten angekommen komme ich erneut mit dem Ticketverkäufer ins Gespräch. Ich stimme ihm zu: "Ja, eines Tages werde ich wiederkommen und länger im Land bleiben, versprochen. Im Iran gibt´s so viel zu sehen und die Leute sind extrem gastfreundlich und korrekt. I´ll be back!"
Talfahrt, Blick auf Esfahan
Nach der Unterhaltung halte ich es wie der Typ im Werbespotklassiker von Aral und mache mangels vorhandener Öffis und Taxen aus der vermeintlichen Not eine Tugend und marschiere "I´m walking!" trällernd Richtung Zentrum. Unterwegs entdecke ich einen Renault 5, einen kleinen Freund aus iranischer Lizenzproduktion auf Stelzen. Coole Karre!
Renault 5, ein kleiner
Freund aus iranischer Lizenzproduktion
Esfahan: Marsch vom Soffe
Park ins Zentrum (angepeiltes Ziel die 33-Bogen-Brücke)
Ein Taxi hätte umgerechnet einen schmalen Euro gekostet, hätte mich aber nicht schneller zum Ziel gebracht. Also freue ich mich darüber, einmal vom Stadtrand bis ins Herz der Stadt gelatscht zu sein. Im Grunde genommen zum zweiten Mal, denn der Busbahnhof mit den Fernverbindungen, an dem ich gestern vorsorglich schonmal das Ticket für den morgendlichen Ritt in die iranische Hauptstadt erworben habe, liegt exakt am anderen Ende Isfahans. Ich habe Esfahan also einmal komplett von Nord nach Süd (ungefähr, jedenfalls von Stadtrand zu Stadtrand) zu Fuß durchquert und mir somit einen sehr guten Eindruck verschaffen können. Das ist doch was. An der Flusspromenade ist eine Menge los. Langsam aber sicher geht die Sonne unter und Pulks junger Männer mit Wasserpfeifen, Tee und Snacks schießen wie Pilze aus dem Boden. Die Iraner lieben wohl wirklich das gesellige Beisammensein im Freien.
33-Bogen-Brücke, Isfahan
Si-o-se Pol
Ich schlage eine halbe Stunde lang Wurzeln am ausgetrockneten Flussufer und betreibe peoplewatching. Hin und wieder werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Von neugierigen Kindern und Teenagern, die mich im Iran willkommen heißen und kurz nach meiner Herkunft sowie meiner Meinung über das Land befragen. Die Herkunft wird wie immer wohlwollend aufgenommen und abwechselnd mit "good", "very good!", "arian brothers!" oder einfach nur ein paar Namen deutscher Elitefussballer kommentiert. Artig gebe ich Komplimente über den Iran zurück und ernte dafür Lächeln und nach oben gereckte Daumen. Es ist mir übrigens in Zusammenhang mit der Bedeutung nach oben gereckter Daumen immer noch ein Rätsel, aus welcher Galaxie der Japaner damals im Hostel in der Warmoestraat auf die Erde gesegelt kam. Der Schnauzbartfan aus Braunau scheint eher bei den älteren Locals eine große Nummer zu sein. Dass ich von etlichen Wasserpfeifenfreunden eingeladen werde, versteht sich von selbst. Dass ich ablehne, ebenfalls. Shishas sind einfach, anders als der hiesige köstliche schwarze Tee, nicht mein Ding.
Abendshopping im Iran
Noch besser als der Tee gefallen mir die frischgepressten Saftkreationen und Milchshakes. Auch das iranische Speiseeis ist der Knaller! Heute ziehe ich mir Karotten-, Orangen- und Granatapfelsaft rein. Dazu noch ein Eis und ´nen Shake. Mäste mich sozusagen, kann und will bei dem Angebot aber einfach nicht nein sagen. Vor meinem nächsten Besuch im Iran werde ich streng Diät halten müssen, soviel ist mal sicher.
Mein Lieblings-Saftladen,
Esfahan
Nach der Vitaminschelle statte ich dem großen Platz und der hübsch angestrahlten Moschee einen Besuch ab und fühle mich nach dem erneuten Spaziergang wieder fit genug, um noch ein paar Fleischspieße und ´ne Zam-Zam zu laden.
Zurück im Hotel unterhalte ich mich mit dessen Besitzer, seiner Frau und seinem schüchternen, gerade missmutig über ätzenden Hausaufgaben brütenden Sohn. Auf der Bude reise ich via Iphone und Wifi ins zensierte Internet und wundere mich darüber, dass ich Skype nutzen kann. Seiten wie Spiegel.de oder youtube sind blockiert, Emails und Fotos lassen sich jedoch problemlos versenden. Kurz: mir bereiten die Einschränkungen keine Probleme.