Irrer April-Trip, 2017
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Tag 8:

Der Bus aus dem Stall von Leo Express bringt mich pünktlich gen Westen. Weniger als zehn Euro kostet der Ritt vom Stryiskyi Busbahnhof nach Rzeszów. Mit Leo habe ich damals schon beste Erfahrungen sammeln dürfen, auf dem Weg von Krakau nach Olmütz (bis Bohumin mit dem Top-Bus, von dort aus weiter bis Olmütz mit dem State-Of-The-Art-Zug) und so freue ich mich über eine entspannte, leicht meditative Busfahrt. Ich lasse die sanft hügelige Landschaft an meinen Augen vorüberschweifen, ziehe mir das Gratis-Lunchpaket rein und stelle fest, dass wir uns rasch der Grenze zu Polen, der EU-Außengrenze, nähern. Und zwar am Übergang Korczowa (PL) - Krakowiec (UA). Am rechten Fahrbahnrand beginnt eine endlos erscheinende LKW-Kolonne, an der der LEO Bus zum Glück vorbeibrettert. Doch auch die Reihe der wartenden PKW und Reisebusse ist nicht von schlechten Eltern und die Zustände vor den Abfertigungsgebäuden gelinde gesagt chaotisch. Der durch die polnischen Authoritäten verursachte Rückstau ist derart gewaltig, dass der Buslenker sich dazu entschließt, umzudrehen und einen anderen Übergang anzusteuern. Er entscheidet sich für Budomierz (PL) - Hruszów (UA), ein paar Kilometer weiter nördlich gelegen. Er wird schon wissen, weshalb. Anbei eine Karte zur Orientierung des Ritts von Lemberg in die Stadt, die einst den Namen "Resche" und während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg die Bezeichnung "Reichshof" trug.

Die Fahrt zum Übergang Budomierz (PL) - Hruszów (UA) vermittelt einen guten Eindruck davon, wie die Straßenverhältnisse der Ukraine abseits der Fernstraßen ausschauen und so geht es gefühlt im Schneckentempo voran. Das ist allerdings auch gut so, denn die mitunter gefühlt kleinwagenverschluckenden Schlaglöcher könnten der Funktionalität des Top-Vehikels aus den Hause Scania ein jähes Ende bereiten, woraufhin sich die Fahrt noch mehr in die Länge ziehen würde. Dass ein Reisebus während der Fahrt mit mir an Bord seinen Geist aufgibt habe ich bereits auf dem Weg nach Sibiu erleben dürfen und das war nicht besonders angenehm. Angenehm ist der geringe Andrang an der Grenzabfertigungsanlage. Reisebusse oder LKW gibt es hier keine, vermtlich der räudigen Piste hierher (auf ukrainischer Seite jedenfals) wegen. Die ukrainischen Beamten sind innerhalb von zehn Minuten fertig mit ihren Kontrollen. Bei den polnischen Kollegen dauert es länger. Viel länger. Zehn Minuten vergehen, ehe sich überhaupt ein Uniformierter blicken lässt. Alle Insassen steigen aus und begeben sich mit ihrem Gepäck in eine Halle. Wieder vergehen zehn Minuten, bis ein Beamter jeden einzelnden Reisenden vortreten lässt und die Passkontrolle vornimmt. Als alle Leute kontrolliert worden sind lässt sich der nächste miesgelaunte Typ blicken und durchwühlt ein Gepäckstück nach dem anderen. Immerhin wird parallel dazu der Scania auseinandergenommen und wieder zusammengebaut, so dass die Fahrt bereits nach nur etwa anderthalb Stunden weitergeht.

In Polen sieht es sofort um Längen gediegener aus und die Straße ist ein Traum. Am frühen Nachmittag erreicht der LEO-Bus Rzeswów. Ich steige als einziger Fahrgast aus, gehe fünfzig Meter und checke ein. Im Hotel Best Western Plus "Ferdynand" zu Rzeszów. Die Lage ist für meine Belange perfekt.

Hotel meiner Wahl in Rzeszów: das Hotel Ferdynand, genau gegenüber von ZOB und Hauptbahnhof
Hotel meiner Wahl in Rzeszów: das Hotel Ferdynand, genau gegenüber von ZOB und Hauptbahnhof

Das Zimmer ist ebenso angenehm wie die Lage des Hotels, dennoch werfe ich nur kurz meine Sachen in die Bude und ziehe unvermittelt wieder los. Das Wetter ist traumhaft und ich bin heiß auf die Stadt Rzeswów.

Kurz mal ein Auszug aus dem Artikel (w) von Wikipedia zur Stadt: "Rzeszów ist eine Stadt im Südosten Polens, Hauptstadt und wichtiges Zentrum der Woiwodschaft Karpatenvorland mit 185.706 Einwohnern. Rzeszów liegt in der Flussebene der Wislok am Rande des Talkessels von Sandomierz unweit der Karpaten. Die Grenznähe zur Ukraine (Entfernung 90 km) und zur Slowakei (100 km) hat die Stadt zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt werden lassen. Rzeszów ist römisch-katholischer Bischofssitz. In der Stadt befindet sich eine staatliche Universität, das Politechnikum Rzeszów sowie mehrere private Hochschulen, unter anderem die Hochschule für Informatik und Management."

Als erstes versuche ich, etwas zu futtern aufzutreiben denn ich habe "Knast". Vor einer Bude stehen sich eine Menge Leute die Beine in den Bauch und das wird einen Grund haben. Auch ich stelle mich an und ergattere wenig später eine Art heißes, belegtes Baguette. Keine Ahnung, wie die Dinger heißen. Ich bin an der Reihe, sage einfach mal auf polnisch "groß und alles", zahle wenig und bekomme viel. Das Preis-Leistungsverhältnis ist fair (fast schon "real") und so weiß ich sofort, wo ich am Abend erneut vorstellig und die Futterluke füllen werde.

Rzeszów Glówny
Rzeszów Glówny
Rzeszów, Bahnhofsvorplatz (mittig das empfehlenswerte Hotel Ferdynand)
Rzeszów, Bahnhofsvorplatz (mittig das empfehlenswerte Hotel Ferdynand)

Gestärkt setze ich meinen Stadterkundungsspaziergang fort und nähere mich dem Zentrum samt historischer Altstadt.

Vermutlich höchstklassifiertes Hotel am Platz samt dem mittlerweile anscheinend in jeder Stadt unvermeidlichen, der Innenstadt lebenentziehenden hypermodernen wie gesichtslosen Einkaufszentrum
Vermutlich höchstklassifiertes Hotel am Platz samt dem mittlerweile anscheinend in jeder Stadt unvermeidlichen, der Innenstadt lebenentziehenden hypermodernen wie gesichtslosen Einkaufszentrum, Rzeszów
Direkt gegenüber vom EKZ befidnet sich dieser krasse Kontrast in Gestalt eines stylishen wie ehrfurchtswürdigen Denkmals, Rzeszów
Direkt gegenüber vom EKZ befidnet sich dieser krasse Kontrast in Gestalt eines stylishen wie ehrfurchtswürdigen Denkmals, Rzeszów
Rzeszów: hier prallen krasse Gegensätze aufeinander: links das EKZ, rechts ein gleichermaßen stylishes wie ehrfurchtswürdiges Denkmal
Rzeszów: hier prallen krasse Gegensätze aufeinander: links das EKZ, rechts ein gleichermaßen stylishes wie ehrfurchtswürdiges Denkmal

Die Altstadt kommt bestens saniert, renoviert und strahlend daher und weiß unerwartet stark zu gefallen. Das Prädikat "stark" hängt übrigens auch in diesem Kontext keineswegs mit "Veränderungen in der Gravitationskraft der Erde" zusammen (ein paar Leute wissen, was ich meine). Derart aufgehübscht hätte ich das Herz von Rzeszów gewiss nicht vorzufinden erwartet. Abgesehen davon, dass es hier einfach nur schön und malerisch ist, ist eine Menge los. Die Locals flanieren und bevölkern die zahlreichen Außenbereiche der Cafés, Bars, Restaurants und Eisdielen. Hier gefällt es mir auf Anhieb.

Unterwegs im schmucken Zentrum von Rzeszów
Unterwegs im schmucken Zentrum von Rzeszów
Teatr; unterwegs im schmucken Zentrum von Rzeszów
Teatr; unterwegs im schmucken Zentrum von Rzeszów
Unterwegs im schmucken Zentrum von Rzeszów
Unterwegs im schmucken Zentrum von Rzeszów
Unterwegs im schmucken Zentrum von Rzeszów; dieser Teil befindet sich noch in der Verwandlungsphase...
Unterwegs im schmucken Zentrum von Rzeszów; dieser Teil befindet sich noch in der Verwandlungsphase...
Unterwegs im schmucken Zentrum von Rzeszów; auch dieser Teil befindet sich noch in der Verwandlungsphase...
Unterwegs im schmucken Zentrum von Rzeszów; auch dieser Teil befindet sich noch in der Verwandlungsphase...
Liebreizversprühendes Zentrum von Rzeszów
Liebreizversprühendes Zentrum von Rzeszów
Rathaus, Rzeszów
Rathaus, Rzeszów

Dass im Herzen von Rzeszów derat viel los sein werden würde hätte ich nie und nimmer für möglich gehalten. Bei dem schönen Wetter kommen gefühlt alle Locals aus den Löchern, logo. Überwiegend in der sprichwörtlichen Sonntagskleidung, wie aus dem Ei gepellt, versteht sich in diesen ehrenwerten Gefilden von selbst. Ich gehe in meiner funktionalen Bekleidung durchaus als minderbemittelt durch aber das ist mir inzwischen egal. Ganz besonders wenn ich reise ist es mir zunehmend "Banane". Fürs eigene Wohlbefinden hätte ich allerdings durchaus ein bischen weniger asi daherkommen können. Einfach nur, um nicht dermaßen hart aus der an sich sehr homogenen Masse herauszustechen. Irgendwas ist halt immer.

Marktplatz in Rszeszów
Marktplatz in Rszeszów
Marktplatz in Rszeszów (gefällige Beiserl wie s.B. die "Ceska Hospuda", in welcher der Name Programm zu sein scheint gibt es hier einige)
Marktplatz in Rszeszów (gefällige Beiserl wie z.B. die "Ceska Hospuda", in welcher der Name Programm zu sein scheint gibt es hier einige)
Marktplatz in Rszeszów
Marktplatz in Rszeszów
Altes Rathaus, Rzeswów
Altes Rathaus, Rzeswów

Rszeszów gefällt mir. Klar trägt das Bilderbuchwetter eine Menge zu meinem Wohlbefinden bei aber irgendwie ist da noch etwas anderes, was den Reiz ausmacht. Kann ich gar nicht präziser benennen, ist aber so. Ich verlasse die Altstadt und orientiere mich gen Osten, da ich noch einen Blick auf die Wislok werfen und eine Weile am Ufer sitzen möchte.

Schmuckes Gebäude am Friedhof, Rszeszów
Schmuckes Gebäude am Friedhof, Rszeszów

Am Flussufer gibt es zahlreiche angenehme Verweilmöglichkeiten und so setze ich mich kurz in die Sonne und genieße den Augenblick. Schön hier.

Lemberger Brücke (Most Lwowski) über den Wislok (bzw. die Weisslog), Rszeszów
Lemberger Brücke (Most Lwowski) über den Wislok (bzw. die Weisslog), Rszeszów

Seiten fülle ich keine. Viel lieber schaue ich der Strömung des Flusses zu. Auszug aus dem Artikel (w) von Wikipedia zum Wislok: "Der Wislok (deutsch auch die Weisslok, Weisslog) ist ein Fluss in den Ostkarpaten im südöstlichen Polen. Er entspringt (wie die Wisloka) in den Niederbeskiden (Bieszczady) und mündet bei Debno (Gemeinde Lezajsk) in den San (deutsch: Saan). Der Wislok hat eine Länge vom 220 km, das Einzugsgebiet ist 3540 km² groß." Aus den Beskiden stammt das Wasser also. Will ich auch endlich mal hin. Ja, es gibt tatsächlich noch weiße Flecken auf meiner persönlichen Europakarte aber sie werden sukzessive weniger, klar.

Abgesehen vom Fluss erregen die vielen Passanten meine Aufmerksamkeit. Die Uferwege werden von Spaziergängern, Radfahrern und (Inline-)-Skatern genutzt, hier ist eine Menge los. Und ich bin mitten drin und zische ´ne Coke. Eine richtige, mit Zucker und so. Und wer mich kennt, weiß was das für einen Energieschub in mir frei setzt. Kein Witz sondern einfach mal ein absolut zutreffender Vergleich: wenn Michael Knight den Knopf mit der Aufschrift "Turbo Boost" drückt passiert mit KITT das gleiche wie mit mir, wenn ich einen halben Liter Coke in mich hineinschütte.

Lauschiges Plätzchen am Ufer des Wislok, Rszeszów
Lauschiges Plätzchen am Ufer des Wislok, Rszeszów

Schnellen Schrittes gehe ich zurück zum Hotel. Unterwegs kaufe ich ein paar leckere Dinge ein und gönne mir final den leckeren Imbiss-Mampf, dessen Namen ich leider nicht kenne.


Kanaldeckerl, Rszeszów (Gruß an PR)
Leckerer Imbiss-Mampf, dessen Namen ich leider nicht kenne
Leckerer Imbiss-Mampf, dessen Namen ich leider nicht kenne

Im Hotelzimmer erledige ich das standardisierte Abendprogramm. Klamotten für den morgigen Tag auswählen, Neue Hüpferlitasche packen, Abfahrten, Abflüge und Reisedokumente prüfen, duschen, mampfen, Schrott aus den Weiten des Internets reinziehen oder TV glotzen und mit daheim kommunizieren. Trotz der vor ein paar Stunden gekillten Coke penne ich überraschend zeitig weg. Gut so, denn morgen geht´s mal wieder in aller Frühe weiter. A propos "weiter:

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