Rumänien
Kurztrip mit Bahn, Bus, Taxi und Flugzeug
Dortmund / Holzwickede - Otopeni - Bukarest - Brasov (Kronstadt)
- Sibiu (Hermannstadt) - Cluj (Klausenburg) - Dortmund / Holwickede, Oktober
2014
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Tag2: Otopeni - Bucuresti
Die Pension verlasse ich morgens um 9h, abgestimmt mit dem Fahrplan der Linie 783 ins Herz der rumänischen Hauptstadt, dem Piata Unirii.
Rechts das recht noble
RIN Airport Hotel Otopeni, rechts das Hauptgebäuder Pensiunea Otopeni
- weiter geradeaus landet man beim Waterpark,
dem ich gern einen Besuch abgestattet hätte...
Fünf Minuten strammen Marsches später stehe ich an der Haltestelle Icsitmua (map), an der es keinen Kiosk gibt. Gut, dass ich bereits am Vortag am Flughafen meinen Fahrschein besorgt habe.
Der Bus der
Regia Autonoma de Transport Bucuresti, kurz RATB,
kommt pünktlich. Beim Fahrer kann man kein Ticket kaufen, muss aber auch
ein solches nicht vorzeigen. Generell hat das Black-Ticket meiner Meinung
nach (hier ein Wand-Statement,
fotografiert übrigens in Salzburg, welches jedoch nicht von mir stammt
bzw. dorthin gemalt wurde) also Gültigkeit und ist auf kurzen Strecken
durchaus einsetzbar. Ich halte die Plastekarte an den Validierungskasten (und
den regionalen ÖPNV generell für ein für alle entgeltfrei kostenneutral
zu nutzendes Angebot und lasse mich gern auf diesbezügliche sachliche
Diskussionen ein... ) und setze mich auf einen Dreier. Dreier? Ja, zwei Sitzplätze
in und einer entgegen der Fahrtrichtung bilden das Ensemble.
Wenig später werde ich von einer zivilen Kontroletti-Tante überprüft.
Die hatte ich beim Betreten überhaupt nicht auf dem Radar. Sofort verzieht
sie sich wieder, ehe an der nächsten Station ein neuer Schwung Fahrgäste
eintritt und sich das Spiel wiederholt. Auf dem zwanzigminütigen Ritt
(vorbei am Triumphbogen, an dem ich wegen der kompletten Eingerüstung
nicht aussteige) gehen zwei Black-Ticket-Nutzer ins Netz. Mein Lieblingsticket
werde ich hier definitiv nicht nutzen. Stattdessen besorge ich mir am Einheitsplatz
als erstes ein Tagesticket für die Öffis. Und schlendere dann Richtung
imposanter Springbrunnenalnage durch den Parcul Unirii.
Parcul Unirii, Bucuresti
Wasser rein, Wasser raus, das Spielchen das schnell mal zu bitterem Ernst mutieren kann kenne ich schon lange und nun ist´s mal wieder akut. Im Park patroullieren Ordnungshüter mit Hunden und der PSF ist hoch. Dennoch gelingt es mir, nicht die Dienste der löblicherweise aufgestellten Dixiklos in Anspruch nehmen zu müssen und entdecke bei der Suche nach einem zum Entleeren geeigneten Baum tatsächlich ein Zelt, dessen Inhalt zu Leben erwacht. Obdachlose? Nix da, schmerzbefreit-desperat-blauäugige-american-english-speaking Backpacker im Doppelpack mit krasser Outdoor-Profiausrüstung. Ich bin sprachlos. Ist das Mut? Prinzip? Wohl eher Naivität. So einen Stunt würde ich niemals bringen und das ist auch gut so. Wer es nicht muss, sollte hier nachts auch nicht in der Hecke pennen. Wenn sich der Wert des hier campierenden Equipments in der Eulen- und Hangaroundszene herumsprechen würde, könnten sich die beiden Backpacker schon mal Gedanken darüber machen, wie man nackt ohne Geld zur US-Botschaft kommt. Da gibt es sicherlich angenehmere Missionen.
Registerwechsel.
Morgens um zehn in Bukarest: Zeit für ein spartanisches Frühstück in den wärmenden Morgensonnenstrahlen. Ab auf eine der vielen hölzernen Sitzgelegenheiten mit Blick auf die beeindruckenden Springbrunnen.
Morgens um zehn in Bukarest:
Zeit für ein spartanisches Frühstück in den wärmenden
Morgensonnenstrahlen
Straßenszene in Bukarest
Piata Unirii, Bukarest
- im Hintergrund schön zu erkennen der gigantische Sinnlos-Palast von
Ceaucescu
Nach dem Frühstück, nach der Akklimatisierung latsche ich weiter. Eine große Runde, intuitiv. Mit der vagen Zielsetzung, so um 12:20h am Palast (spiegel.de) des hingerichteten Diktators Nicolae Ceausescu (w) anzutanzen um die gebuchte mittelgroße Führung mitzunehmen. Ich lasse mich also einfach mal wieder treiben und freue mich über minütlich steigende Temperaturen.
Anglerparadies Bukarest?
Râul Dâmbovita (w)
Bronxige Bauten wohin das
Auge schaut
Unirea
Shopping Center
(map)
Hübsches Denkmal in
einem Bukarester Hinterhof (keine Ahnung, wem es gewidmet ist; auf der Tafel
stand nichts drauf...)
Der Rundgang macht Laune und erneut Appetit. Da kommt der Delhaize -äh- Mega Image Supermarkt sehr gelegen. Ziehe mir ein paar Mici, Baguette und Ketchup und pflanze mich an den Boulevard, der gem. Diktators Vorgabe unbedingt länger als der Champs Elysées sein musste und es auch heute noch ist. "Wer hat den längsten?" ist eine in allen Kreisen anzutreffende irre Problematik, scheint mir. Soweit ich weiß. Alle Angaben wie immer ohne Gewähr.
Delhaize -äh- Mega
Image
Der Notausgang entspricht
doch ganz bestimmt den Sicherheitsbestimmungen...
Dann ist es auch soweit, die englischsprachige Führung durch den Parlamentspalast aka Palatul Parlamentului (w) steht an. Hin da. Ehe ich´s zu erwähnen vergesse, den Wikipedia-Text sollte man unbedingt mal lesen. Damit man ansatzweise nachvollziehen kann, was dieser Palast für eine für meinen Geschmack kranke Scheiße ist.
Genug der moralinsauren Worte. Eine eigene Meinung sollte sich jeder selbst bilden können, gesetzt der Fall man ist interessiert. Versteht sich. Vom Piata Unirii jedenfalls führt der Pracht-Boulevard Bukarests direkt zum Palast. Dort angekommen muss ich erst mal Ausschau nach dem Haupteingang halten.
Bukarest bzw. Bucuresti,
Parlamentspalast
aka Palatul Parlamentului: kranke Scheiße!
Am Haupteingang angekommen stelle ich mich in die Schlange der auf die englischsprachige Führung wartenden Interessierten.
Haupteingang des Präsidentenpalasts
in Bukarest
Nachdem ich die neue Hüpferlitasche abgegeben habe (wird freundlicherweise im Aufenthaltsraum der Führer gebunkert) startet die mittelgroße Runde durch den Präsidentenpalast. Diese dauert letzten Endes gut zweieinhalb Stunden. Und zieht sich. In die Länge. Echt jetzt. Kacke. Wie komme ich aus der Nummer vorzeitig raus? Raus? Nach einer geschlagenen Stunde betrete ich die Aussichts-Terrasse.
Blick von der Aussichts-Plattform
des Präsidentenpalasts, Bukarest
Aussichts-Plattform des
Präsidentenpalasts, Bukarest
Präsidentenpalast,
Bukarest
Blick von der Aussichts-Plattform
des Präsidentenpalasts, Bukarest
Blick über den Parcul
Izvor, Bucuresti
Ich komme aus der Nummer nicht vorzeitig heraus, da penibel darauf geachtet wird, dass alle Schäfchen zusammenbleiben. Letzten Endes bin ich genervt von der Führung und froh, als diese zuende ist. Kann man, muss man sich aber nicht geben. Bin froh, nicht die große Visite eingelogged zu haben, soviel ist mal sicher.
Bye, du kolossales, irres
(und von innen ödes) Ungetüm!
Langsam aber sicher und immer heftiger macht sich die prallgefüllte neue Hüpferlitasche auf dem Rücken bemerkbar. Ich will den Inhalt optimieren und einen ersten Blick auf die Bude meiner Wahl werfen, die sich in für die morgige Weiterreise gen Brasov strategisch optimaler Lage befindet. Die Rede ist vom Hello Hotel Gara Nord, Bucuresti. Wie komme ich da jetzt am einfachsten und stressfreisten hin? Mit der Bukarester Metro (w), die ganz in der Nähe des Flusses, den ich ohnehin beäugen wollte, eine Haltestelle namens Izvor (map) hat.
Die M1 (Metro-Streckennetz-Schema) fährt zwar einen großen Schlenker, bringt mich aber dennoch rasch und unkompliziert von Izvor zum Nordbahnhof von Bukarest.
Was empfängt mich am Gara de Nord (Foto) zu Bukarest? Nicht viel. Nicht viel sehens- und/oder brauchbares. Angehörige der meinerseits kritisch und mit Vorsicht beäugten Menschengruppe (selbst diese Umschreibung wird Shit-Stürme entfachen... ) gibt es en Masse. Darüber hinaus jede Menge Obdachlose, Klebstoffschnüffler, Suffeulen, Abzieher und schräge wie kaputte Vögel aller Art. Natürlich auch mehrheitlich ganz normale Öffinutzer und Reisende, klar. Wie auch immer, der Nordbahnhof (einst der Gara Târgovistei) in Bukarest ist ein hartes Pflaster und nicht zum Asseln geeignet. Jedenfalls nicht für durchschnittliche Touris wie mich, soviel ist mal sicher. Schnellen Schrittes eile ich zur Bude.
Gara De Nord (w),
Bukarest, Bahnhofsvorplatz
Die Bude ist von außen top und auch die Rezeptionistin kann überzeugen. Das Zimmer, abgesehen vom im Übernachtungspreis inkludierten Wifi jedoch leider nicht. Mieses abgerocktes Möbiliar und spartanische, dem hingeblätterten Batzen Kohle nicht genügende Ausstattung. Einmal und nie wieder. Abhaken und morgen, sofern das Frühstücksbuffet nicht à la Ipanema Park Porto oder Maritim München daher kommt, vergessen. Nee, nicht vergessen, sondern für die Zukunft auf die innere Blacklist setzen.
Die Bude teile ich mir
mit der neuen Hüpferlitasche
Habe noch einiges vor, also versacke ich nach dem Wifi-Check nicht lang sondern latsche zurück zum Nordbahnhof, vorbei an vielen bedauernswerten Endzeit-Zombie-Hangarounds.
Hello Hotel Bukarest
Ab in die Metro lautet die Devise. Den Zombies werde ich mit meinen bescheiden-begrenzten Mitteln nicht helfen können.
Allzu lange kann der Wandel
gefühlt kaum her sein...
Ab geht´s quer durch
Bukarest nach Tineretului
Mit der gelben Linie, der M1 zum Piata Victoriei, wo ich in die blaue M2 Richtung Berceni um- und an der Haltestelle Tineretului (map) wieder aussteige. Im U-Bahnhof komme ich an einem ansprechenden Bäcker vorbei und versorge mich gut und günstig bei einer liebenswert-freundlichen Verkäuferin mit ausreichend Futter fürs Abendessen.
An der Erdoberfläche
über der U-Bahnhaltestelle der blauen M2 namens Tineretului, auf der
anderes Straßenseite ist übrigens ein Top-Supermarkt
An der Erdoberfläche
über der U-Bahnhaltestelle der blauen M2 namens Tineretului
Calea Serban Voda, Bucuresti
Was will ich hier? Einen der im platten Bukarest spärlich gesähten Aussichtspunkte beehren und dort abhängen. Meine Wahl fällt auf das auf einem Hügel errichtete Memorialul Eroilor Neamului, ein Mausoleum (w) vor dem Soldaten herumstehen und mir die Asselei verleiden. Der Park und die gesamte Anlage sind für Bukarester Relationen absolut sehenswert.
Memorialul Eroilor Neamului,
Bukarest
Blick vom Memorialul Eroilor Neamului, Bukarest
Memorialul Eroilor Neamului,
Bukarest
Der Park steht bei den Locals hoch im Kurs. Viele erholen sich hier mit einem Picknick oder ner ruhigen Bootsfahrt vom Großstadtstress. Hier und da finden sich lauschige Plätzchen, die zum Verweilen einladen. Eine grüne Oase in Bukarest, die offenbar auf den Zetteln der meisten Touristen sträflicherweise zu fehlen scheint. Frisch gebackene Ehepaare jedoch haben die gepflegte Parkanlage definitiv auf dem Schirm, lassen sich hier doch etliche frisch Vermählte in voller Montur ablichten.
Memorialul Eroilor Neamului,
Bukarest
Entspanntes Flanieren im
Park, Bukarest
Den Tagesausklang plane ich im Parcul Unirii. Zu Fuß geht´s Pie mal Daumen hin.
Unterwegs in den Straßen
Bukarests, in der Nähe der Piata Unirii
Die coolen Bänke sind begehrt und so muss ich eine Weile vergnarzt hinter einer Hecke in zentraler Position im Parcul Unirii herumstehen und die Szene observieren, ehe ich eine spitzenmäßige hölzerne Sitzgelegenheit ergattere. Die ich nicht lange für mich alleine habe. Aber der Typ, der sich zu mir pflanzt, ist locker zu ertragen. Kurzer Smalltalk, dann erlischt sein Interesse an mir und er zieht sich einen Kriminalroman rein. Natürlich darf er bei der Gelegenheit gleich mal ein Pic von mir machen. Mit meiner Cam, versteht sich. Genauer gesagt mit der des Iphones. Die DSLR habe ich zwar am Start, kann Sie aber leider nicht benutzen. Der Akku steckt im Ladegerät. Und das Ladegerät hängt an der Steckdose. Richtig, in Hannover. Dumm gelaufen, zumal der Platz in der neuen Hüpferlitasche, man glaubt es kaum, leider auch endlich ist und die Cam samt Tasche ordentlich Raum einnimmt. Da schleppe ich also einen durchaus als voluminös zu bezeichnenden Gegenstand völlig ohne Nutzen mit mir mit. Nun ja, das Leben lehrte auch mir bereits, dass es schlimmeres gibt.
Coole Asselbank im
Parcul Unirii
Piata Unirii in der Abenddämmerung,
Bukarest im Herbst 2014
Mit Umstieg
an der Piata Victoriei (nochmal die Metro-Map)
geht es zurück zum Nordbahnhof, wo ich nur kurz dusche und das Gepäck
aufs Bett werfe. Ich drehe trotz Dunkelheit und abschreckender Gestalten noch
eine Runde durch die Gegend, falle dann aber doch recht zeitig total übermüdet
ins Bett. Zugegebenermaßen kehre ich auch noch kurz in einer krassen
24h-Pinte ein und komme mit Locals in Gespräch. Das Klima ist mir jedoch
zu rauh und so ziehe ich rasch weiter, gen Butze.
Morgen geht´s nach Brasov und ich habe hohe Erwartungen.
Ein Vorurteil, dass die
herrlichen Mici nahezu überall in Bukarest zu haben sind? Definitiv nicht!