Krasser Trip, Juni
2017
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Tag 7: Mit dem AVE nach Cuenca und das freudige Wiedersehen mit einer meiner Lieblingsstädte
In aller Herrgottsfrühe mache ich mich zu Fuß auf den Weg zum valencianischen (schreibt bzw nennt man das so?) AVE-Bahnhof Joaquin Sorolla. Der AVE nach Cuenca wird nämlich schon um kurz vor acht Uhr in der Früh losbrettern. AVE ist übrigens eine Abkürzung und steht für "Alta Velocidad Española". Der AVE ist das spanische Pendant des deutschen ICEs. Des französischen TGVs. Wie auch immer. Heutzutage muss man verdammt aufpassen mit seinen Formulierungen und Vergleichen. Registerwechsel. Joaquin Sorrolla war, diese Info gibt´s der Vollständigkeit halber auch noch dazu, ein spanischer Maler und Grafiker des Impressionismus. Der Marsch dauert eine halbe Stunde. Bei bestem Wetter. Läuft.
Zu Fuß auf dem Weg
zum valencianischen (?) AVE-Bahnhof Joaquin Sorolla
Überpünktlich angekommen
am valencianischen (?) AVE-Bahnhof Joaquin Sorolla
Um an die Gleise und in den AVE zu gelangen muss man eine flughafenähnliche Sicherheitskontrolle erdulden. Kein Problem. Die Preise des AVEs sind übrigens für meinen Geschmack abschreckend hoch. Fast 30,- € zahle ich für den nicht einmal eineinhalbstündigen Hochgeschwindigkeitsritt von Valencia nach Cuenca. Zähneknirschend, versteht sich. Immerhin ist eine Sitzplatzreservierung im Beförderungsentgelt enthalten.
Unterwegs mit dem kostspieligen
AVE - immerhin ist eine Sitzplatzreservierung im Beförderungsentgelt inbegriffen
Pünktlich auf die Minute fährt der Zug ab, ebenso pünktlich kommt er am vor den Toren Cuencas extra für den AVE errichteten Bahnhof "Fernando Zobel" an. Fernando Zobel (w) war übrigens, so wie Joaquin Sorolla, ein Maler. Vom Bahnhof Fernando Zobel sind es gut und gerne drei Kilometer bis zur Stadtgrenze von Cuenca, an der sich das Hotel meines Vertrauens befindet. Die Rede ist vom bereits vorletztes Jahr beehrten Hotel Exe Cuenca. Die Busse verkehren recht selten doch nach einer Viertelstunde des ansatzweise meditativen wie endzeitstimmungsgeladenen Wartens kommt tatsächlich einer und nimmt mich mit Richtung Stadt.
Der Bahnhof Fernando Zobel
liegt weit weg vor den Toren der Stadt Cuenca auf der sprichwörtlichen
"Grünen Wiese" (im übertragenenen Sinne dort, wo die charakter-
wie seelenlosen Stadien-Neubauten meist ebenso lebloser Plastikvereine zu finden
sind)
Totz meiner frühen Ankunftszeit ist das Zimmer bereits bezugsfertig, so liebe ich es. Der Computer an der Rezeption erinnert sich an meinen vorangegangenen Besuch und ich mich an den revitalisierenden Effekt eines Vollbads. Das Zimmer bietet eine Badewanne, die mich nicht lange zu bitten braucht. Ich feuer den Kram aus der Neuen Hüpferlitasche teeniemäßig in die Ecke, nehme ein erfrischendes Bad und ziehe los in die Stadt. Das Exe-Hotel (b) liegt am Stadtrand, gegenüber eines EKZ mit großem Eroski, wenige Meter entfernt von einem Maxi-Dia und einem Unterzentrum mit Bars, Restaurants, Einzelhändlern und einer Apotheke.
Hotel Exe
Cuenca (Fotos von 2015 aber es hat sich nichts verändert)
Hotel Exe Cuenca
Ansprechende Bude im Hotel
Exe Cuenca
Besonders vorteilhaft ist die Tatsache, dass darüber hinaus die Endhaltestelle des Stadtbusses der Linie 1 beim gegenüber des Hotels befindlichen Einkaufszentrum gelegen ist. Mit der der 1 fahre ich für 1,25€ bis zur anderen Endhaltestelle, die sich sich oberhalb der Altstadt befindet und erfreue mich sogleich an einer tollen Panoramasicht über das Flusstal, die Jesusstatue auf dem Berg (Cerro del Soccoro) sowie der Ober- als auch der Unterstadt Cuencas. Ja, am städtischen Slogan "Cuenca es unica!" ist definitiv etwas dran. Ich scheitere beim Versuch mich satt zu sehen, logisch. Danach geht es runter in die Altstadt, zur Kathedrale und dem davor gelegenen Hauptplatz.
Cuencas Schokoladenseite: lange lasse ich meinen Blick über die Stadt und
den Berg (Cerro del Soccoro) mit der Jesusstatue schweifen
Von links nach rechts: die Posada, die von Gustav Eiffel konzipierte Fußgeherbrücke,
die Casa Colgadas und die Kathedrale von Cuenca; im Hintergrund die Neu- bzw.
Unterstadt
Landschaft bei Cuenca
Cuenca
Iglesia San Pedro, Cuenca
Plaza Mayor, Cuenca
Kathedrale von Cuenca
Plaza Mayor, Cuenca
Hier tummeln sich etliche Sprachschüler (so auch, jedoch vor vielen Jahren,
BH und ich)
Das "Collegio", Cuenca (Die Unterkunft erfolgte übrigens im Klostertrakt
nebenan, wobei die Geschlechter auf verschiedenen Etagen getrennt untergebracht
waren)
Torre de Mangana, Cuenca
Cuenca, Kathedrale
Cuenca besteht vereinfacht ausgedrückt aus zwei Teilen: der neuen Unter- und der historischen Oberstadt, der Ciudad Alta. Die Oberstadt liegt auf einem von tiefen Flusstälern umgebenem Hügel und bietet außer der steinalten Bausubstanz etliche tolle Aussichtspunkte. Der Aussichtspunkt Nr.1 ist jedoch klar und unangefochten die Jesusstatue auf dem Berg gegenüber der Altstadt, die warum auch immer keine Erwähnung auf den Touri-Info-Seiten findet. Von der Plaza Mayor aus ist es ein leichtes, diese zu erreichen und doch fehlen Hinweisschilder und Wegbeschreibungen gänzlich. Googlemaps hilft (und die am anderen Huecar-Ufer aufgestellte Infotafel erst... ), die Erinnerungen an den damaligen Marsch hinauf ebenfalls. Und so zieht es mich, nachdem ich mich ausgiebig um- und die "Hängenden Häuser" angesehen habe, dorthin. Anbei auf die Schnelle mal wieder eine Übersichtskarte meiner heutigen Aktivitäten in Cuenca.
Doch zunächst brauche ich noch flüssigen Proviant. Supermärkte gibt es in der Ciudad Alta von Cuenca keine. Nicht schlimm, denn in einer Seitengasse direkt neben der Kathedrale gibt es einen kleinen Hökerladen, in dem sich die Eulen der Oberstadt die Zeit mit Literhumpen Mahou in den Flossen, Kippen in den Mundwinkeln und weisen Unterhaltungen vertreiben. Tag für Tag. Die Rede ist vom guten alten und seit meinem ersten Besuch im Jahre 2002 nachweislich von außen wie von innen unveränderten Kiosko y Reposteria "Maribel".
Kiosko y Reposteria "Maribel", Cuenca - ein echtes Original und für
mich defintiv eine der beeindruckendsten Sehenswürdigkeiten der Stadt (und
das will was heißen... !)
2015 war ich auch schon hier und schilderte meine Eindrücke folgendermaßen:
"Das Klientel
lässt Rückschlüsse aufs Preisnivau zu und so traue ich mich einfach
mal hinein. Als erstes kämpfe ich mich durch die vor dem Laden abhängenden
Eulen durch. Dann zwänge ich mich zwischen den in der lütten Verkaufsstelle
stehenden, teils übelst muchelnden und lautstark philosophierenden Eulen
hindurch bis an die Theke, hinter der eine Omi im Kittel steht und mich freundlich
begrüßt. Ich bestelle kaltes Mineralwasser und zwei Literhumpen Mahou
Classica, "extra frio, por favor". Sie verschwindet kurz in einem
Hinterzimmer und ich höre sie in einer Kühltruhe kramen. Während
dessen schaue ich mir das Warenangebot des Shops an und staune über allerlei
Kuriositäten. Souvenirs von vor gefühlt tausend Jahren, z.B. diese
Minifernseher aus Plastik, in die man reingucken soll, wenn man sie gegen das
Licht hält und dabei ab und zu mal einen Knopf drückt, wodurch ein
Bilderrad in Rotation versetzt wird, was dem Betrachter die schönsten Stadtansichten
serviert (shit, mir fällt gerade auf, dass ich so´n Teil mitnehmen
sollen hätte). Etliche Kugelschreiber, vergilbt-ausgeblichene Ansichtskarten,
Plüschtiere mit "Cuenca"-Aufdruck, Wandteller (teils mit eingelassener
Uhr), Muscheln und Schneckenhäuser (!), Aschenbecher, Mützen, Kapselheber
und noch vieles mehr. Ihr kennt den Kram. Ansonsten kaum frische Waren. Meistverkaufter
Artikel scheint, wenn ich mir die zahlenmäßig immer stärker
vertretene Stammkundschaft so ansehe, der Mahou-Humpen zu sein. Gerade will
eine Eule ein freundliches Gespräch starten, da kommt die Kittel-Omi zurück
und überreicht mir freudestrahlend Bier und Wasser. "Extra frio!"
sagt sie und reicht mir die nur wenige Milli-°C vom Gefrierpunkt befindlichen
Getränke, die sofort von außen beschlagen. Ich frage nach einer alten
Zeitung und wickle die Literbomben sowie das Wasser ein, ehe der Proviant in
den Weiten der Neuen Hüpferlitasche verschwindet. Ich beantworte die Fragen
der Smalltalk suchenden, an mir und meiner Mission interessierten Eule und zack,
schon bildet sich eine Traube um mich herum. Wie schon in Odrlice bin ich die
Abwechslung des Tages. Die Hangarounds sind bemerkenswert freundlich und abgesehen
von so einigen Ausdünstungen sehr angenehme, pflegeleichte Konversationspartner.
Und ja, ich stehe auf diese Eulengeschichten."
Heute habe ich keinerlei Bedenken, den Laden zu betreten. Zunächst fehlt jedoch jede Spur von der Betreiberin. Die obligatorischen Stammgäste weisen darauf hin, dass diese gleich wiederkommen wird und ich einfach ein bischen abwarten soll. Aber gern. Endlich habe ich mal genug Zeit, mir das kuriose Interieur und die feilgebotenen Waren in Ruhe anzusehen. Und ich kriege es sogar auf die Reihe, ein paar Fotos zu machen, die ich nicht natürlich vorenthalten möchte. Voilà.
Willkommen im Kiosko y Reposteria
"Maribel", Cuenca
Im Kiosko y Reposteria "Maribel"
gibt es ein breit gefächertes Sortiment an Waren aller Art [besonders interessant
sind sicher die Soleier (?), rechts im Bild]
Stundenlang könnte ich das Sammelsorium der unterschiedlichen Artikel studieren, ohne auch nur einen Anflug von Langeweile zu verspüren. Die zehn Minuten des Wartens vergehen folgerichtig wie im Flug. Schon steht sie wieder vor mir, die stilecht einen Kittel tragende Inhaberin des stylishen Etablissements mit Kult-charakter. Ob sie so heißt wie der Laden? Maribel? Ob ich das jemals herausfinden werde? Wenn, dann bei meinem nächsten Besuch in Cuenca. Dass ich wiederkehren werde ist klar, die Frage ist nur wann. Zurück zum Tagesgeschehen. Die nette Dame grüßt und fragt, was ich wünsche. Ich wünsche das gleiche wie letztes Mal, wieder extra frio. Wieder verschwindet sie im Hinterstübchen, wieder höre ich sie in einer Kühltruhe kramen, wieder zahle ich einen fairen Preis, wieder verabschieden wir uns herzlich und wieder ziehe ich bestens verproviantiert weiter Richtung Cerro Soccoro, zur Jesusstatue. Kurz noch mal generell etwas zum Kiosko y Reposteria "Maribel": Die Eier aus dem Glas würde ich mir nicht gerade reinziehen wollen aber ansonsten kann ich den Laden voller Inbrunst und maximalst begeistert empfehlen. Sollte es einen von euch mal zum Hauptplatz der Oberstadt von Cuenca verschlagen bietet sich ein Besuch dieses Unikats an. Unterstützt den Laden und zieht euch hier eure kalten Getränke oder was auch immer. Die Betreiberin ist eine sehr höfliche, nette Person und die Eulen sind harmlos. Kurzum: der Laden ist ein echter Geheim-Tipp!
Die Puente de San Pablo überspannt
den Rio Huecar und wurde von Gustave Eiffel (richtig, der Typ mit dem nach ihm
benannten Pariser Wahrzeichen... ), konstruiert
Cuenca, die berühmten
"Hängenden Häuser" aka "Casas Colgadas"
Ich überquere das tiefe Flusstal des Huecar und bleibe in der Mitte der Ponte de San Pablo stehen. Das obligatorische Brückenritual vollziehe ich selbstredend und lasse dabei immer wieder wie weggespult meinen Blick schweifen. Cuenca ist absolut sehenswert und angesichts dessen, was die Stadt bietet, erstaunlich authentisch geblieben (von Touristenmassen relativ verschont, nicht überlaufen oder so). Nach Überqueren der Brücke passiere ich den Beherbungsbetrieb Parador de Cuenca und folge dem Schotterweg. Die Steigung nimmt langsam aber sicher zu und der PSF rasant ab. Bis zum Jesus brauche ich von der Plaza Mayor aus eine großzügige halbe Stunde, in der mir übrigens niemand begegnet. Praktisch, so kann ich (nicht nur innerlich sondern lauthals) fluchend und schwitzend den Weg bewältigen, der bei der Gluthitze alles andere als ein Zuckerschlecken ist.
"Nuestra situacion":die
erste Wanderkarte, die mir vors Auge kommt [eine solche hätte ich mir im
Internet und an der Plaza Mayor gewünscht; es ist schade (aber gut für
den niedrigen PSF), dass das Highlight in Gestalt der Jesusstaue dadurch an
so vielen interessierten Besuchern vorbeigeht]
Noch ist´s schattig...
Auf dem Weg hinauf zur Jesus-Statue
von Cuenca
Ba-Bam, da ist sie endlich,
die Jesusstatue von Cuenca
Die Jesusstatue von Cuenca
Die Stufen vor dem Monument sind ein idealer Asselplatz. Denke ich und setze mich. Nach wenigen Minuten stelle ich fest, dass die Sonne einfach zu brutal ist und ziehe um in den Halbschatten. Auch hier ist der 180°-Panoramablick umwerfend und so muss ich immer wieder wie beim Tennis von rechts nach links und wieder zurück schauen. Ab und zu fülle ich bis dato leere Seiten, manchmal lasse ich einfach nur meine Gedanken kreisen. Hin und wieder erinnere ich mich an den wegweisenden Besuch mit meiner besseren Hälfte vor nun fast fünfzehn Jahren und den letzten vor knapp zwei Jahren. Ich genieße die sich daraufhin einstellenden wohligen Schauer, das ist klar. Ein selten genialer Top-Asselplatz, soviel ist mal sicher. Auch vom PSF her, der von mir mit maximal 1-2 eingestuft wird.
Blick auf Cuenca
Blick auf Cuenca (ja, es
ist so heiß wie es ausschaut)
Den gleichen Weg zurück zu nehmen kommt nicht in Frage. Es gibt einen Fußweg zurück zum Hotel Exe Cuenca und den gehe ich auch heute wieder. Viele Stunden habe ich hier oben bei der Jesus Statue abgeasselt und meine Birne glüht. Ich Depp hatte mein Cap mal wieder zuhause vergessen. Nun ist´s Zeit zu gehen. So fröhlich wie´s geht marschiere ich los, mit Liedern auf den Lippen und von bester Laune beseelt.
Auf dem Weg von der Jesus-Statue
zurück zum Hotel Exe Cuenca
Stadtrand von Cuenca, wo auch das Hotel EXE zu finden ist
Zwischenzeitlich vergeht mir das Trällern. Es ist schlicht und ergreifend zu heiß.
Ja, es ist brutal heiß!
Nach einem halbstündigen, schweißtreibenden Marsch erreiche ich bebautes Gebiet. Scheint sich um eine der gediegensten Wohngegenden Cuencas zu handeln.
Top-Wohngegend, Cuenca
Top-Wohngegend und Bronx-Style
können mitunter dicht beieinander liegen, Cuenca
In der Nähe des Hotels gibt es eine sehr ansprechende Cervezeria mit gut gezapftem Bier und leckeren Tapas. Leider hat sie heute geschlosssen. Vielleicht auch besser so bei den heutigen Temperaturen und dem bereits in den Knochen steckenden und noch vor mir liegendem Programm. Letzten Endes besorge ich mir allerlei wohlschmeckende Dinge im Maxi-Dia und verziehe mich überaus zeitig aufs klimatisierte Zimmer.
Maxi-Dia gegenüber meines
Stamm-Hotels in Cuenca
Es folgt das Standardprogramm, bestehend aus "baden, mampfen, Internet". Kurz noch ein Fazit bezüglich meiner spanischen Lieblingsstadt: Cuenca ist immer wieder der absolute Knaller. Liegt jedoch auch zweifelsfrei darin begründet, dass ich ganz besonders schöne Erlebnisse mit Cuenca verknüpfe und die Erinnerungen an eben jene bei Ortsanwesenheit derart intensiv aufpoppen, dass ich regelrecht weggespult bin. Nichtsdestotrotz ist Cuenca für jeden anderen auch eine Reise, mindestens jedoch einen Umweg wert. Cuenca ist absolut sehenswert und immerhin auf der Liste des UNESCO Weltkulturerbes.